Gastbeitrag: Umweltverschmutzung mit Folgen

Er öffnete den Brief und begann zu lesen. Dann lächelte er. Ja, er, Ede Langfinger, wusste, wie man die Umwelt so verschmutzte, dass keiner außer seinem Boss eine Ahnung haben würde, was im Yellowstone Naturpark abgehen würde. Er freute sich schon auf die entsetzten Gesichter der Besucher, wenn die ein paar hundert Fässer Chemiemüll in der freien Natur rumliegen sahen.

´´Das wird ein hübsches Desaster geben!´´, freute sich der 47-Jährige, ein schlanker, von Natur aus boshafter Mensch, der die Bullen schon öfters ausgetrickst hatte, sei es mit Nägeln auf der Fahrbahn oder einer Barrikade, die vor zwei Minuten noch nicht auf der Straße gewesen war. Schon als kleines Kind hatte er oft Vogelnester leergeräumt. Den Nachbarsjungen spielte er oft Streiche, seinem Vater nahm er oft die Pfeife weg und versteckte sie, und, und, und… Chemiemüll zur Mülldeponie zu fahren kostete sehr viel Kohle und reichen Firmenbesitzern ist es egal, wohin mit dem Zeug, solange es nicht mehr Geld kostete, als der als Geizkragen bekannte Direktor der Deponie verlangte… Ede war das nur mehr als recht, er verdiente gut mit solchen illegalen Leistungen, die Bullen waren eh die Trottel vom Dienst und sein schmuddeliges Blockhäuschen würde mal wieder eine Renovierung nötig haben. Seit drei Monaten kam kein Auftrag rein, und jetzt bot ihm sein Boss zehntausend Piepen bar auf die Kralle, wenn er das Zeug in der Natur entsorgte. Aber ein bisschen Spaß und Nervenkitzel musste schon sein, da war ein nächtlicher Ausflug in den Naturpark genau das Richtige.

Wann und wie, wusste er schon aus einem Anruf, dem er ewig entgegengefiebert hatte. Jetzt brauchte er nur noch einen Fahrer, möglichst einen, der sich gut im Naturpark auskannte und nicht zu tierlieb war…Am Abend ging er wieder zu seiner Stammspelunke, in der vagen Hoffnung, einen solchen zu finden, der seinen Vorstellungen entsprach. Würde nicht so schwer sein, in der Kneipe wimmelte es nur von unheimlichen Gestalten, die ihr geklautes Geld für Bier verpulverten und dauernd die Bullen auf dem Hals hatten. Er bestellte sich ein Bier und sah sich in dem Lokal um. Nicht viele der Männer hatten ein Auto, weil ihnen wegen der ewigen Sauferei der Führerschein abgeknöpft worden war, sofern sie einen besaßen. Er machte sich deshalb auch keine allzu großen Hoffnungen, auf Anhieb einen passenden zu finden und trank sein Bier aus. Als er Anstalten machte zu gehen, kam ein junger Mann von der Toilette und fragte ihn mit wissender Miene: „Siehst aus, als suchst du was oder irr ich mich da? Wenns´t nen Fahrer suchst, ich bin dein Mann!“ „Mann, kommste ja wie gerufen! Woher weißte eigentlich, dass ich nen Fahrer such?“ „Na ja, braucht fast jeder hier, der nur´n Bier bestellt und sich so aufführt wie du!“ „Haha, sehr lustig! Wie siehts mit deinen Fahrkünsten aus? Biste gut, haste noch nen Führerschein, magst du Tiere?“ „Ob ich gut bin oder net, musste du beurteilen, Führerschein is im Auto und Viecher hass ich wie die Pest und die Bullen.“ „Bist engagiert! Wie heißtn eigentlich?“ „Nenn mich einfach Computer-Eddie. Bin mal Informatiker gewesen, bis rausgekommen is, dass ich Informationen über die Firma teuer verkauft hab! Mann, die waren sauer! Bin abgehauen, war zum Glück Winter. Ich hab warmes Wasser auf die Fahrbahn geleert und die Polente hat gar nich so schnell schauen können, wie das gefroren und glatt war, ist ausgerutscht und im Graben gelandet! Hat sich gelohnt, in Physik aufzupassen! Nächsten Tag is in der Zeitung gestanden: Unbekannter schüttete heißes Wasser auf die Fahrbahn!“ „Alter, coole Sache! Physik war noch nie mein Lieblingsfach, hat sich für dich aber gelohnt, Eddie!“ „Was für´n Ding willstn drehen? Einbruch, Diebstahl, Banküberfall, Spionage, Überfall… „Nichts von alledem! Umweltverschmutzung im Yellowstone Naturpark! Kann halt nicht Autofahren, brauch dich dafür. Kriegst die Hälfte von der Gage! Sin immerhin 5000 Piepen!“ „Umweltverschmutzung? Bin dabei!“ Wenig später schlichen die zwei, vom Bier noch leicht benebelt, heimlich zu einem Parkhaus, um sich nach einem geeigneten Lieferwagen umzusehen. Wovon Ede Langfinger jedoch keine Ahnung hatte: Der Mann, der an seiner Seite ins Parkhaus schlich, sich Computer-Eddie nannte und ein guter Fahrer war, hieß in Wirklichkeit Kommissar Wachmut und arbeitete bei der Kripo. Hätte Langfinger das geahnt, wäre er nicht so dumm gewesen und hätte ihm sein Vorhaben erzählt, doch es war zu spät. Gregor Wachmut wollte erfahren, wer dieses Verbrechen in Auftrag gegeben und dafür bezahlt hatte, dass die Natur fachmännisch verwüstet wurde, doch dafür war es noch zu früh. Ede musste ihm völlig vertrauen. Computer-Eddie und Ede hatten ein geeignetes Fahrzeug im dritten Stock gefunden und waren auf der Suche nach dem Zündschlüssel. Kein Erfolg. Ede versuchte, sich unter dem Lieferwagen zu verstecken um auf den Fahrer zu warten. Gregor kroch hinterher und hoffte, der Fahrer würde den Schlüssel ohne Zicken herausrücken. Am Morgen wachten sie auf, weil der Fahrer das Fahrzeug startete. Gregor war mit solchen Situationen weniger vertraut als Ede, deshalb wollte er aufspringen und weglaufen, als der ungewohnte Lärm über seinem Kopf ertönte, das wäre aber tödlich ausgegangen. Wäre, wenn Ede seinen vermeintlichen Komplizen und Kumpel nicht geistesgegenwärtig an den Boden gedrückt hielte, bis der sich beruhigt und erinnert hätte. Der Verbrecher und sein Kumpel hatten Glück, dass der Lastwagen schon eine alte Schüssel war und immer Probleme mit dem Starten hatte, so konnten die zwei ungesehen unter dem Fahrzeug hervorhuschen und sich die Strumpfmasken überziehen, die Ede extra für den Überfall besorgt hatte. Als sie den Fahrer den Weg nach unten versperrten, war sich Georg nicht mehr so sicher, ob er den Verbrecher an seiner Seite, der ihm gerade das Leben gerettet hatte, an die Justiz verraten konnte.

Yara (13 Jahre, freut sich auf Kommentare), 13. Mai 2020

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