Sybille konnte ihren älteren Mann endlich zur Frankreichreise in die Champagne überreden. Herbert reiste nur ungern, selbst in seinem Stammlokal behielt er immer den Platz gleich neben dem Eingang. Veränderungen waren ihm generell immer schon zuwider, trotz erheblicher Differenzen vermied er auch den Streit mit Sybille. Einige Zeit vor der Abreise beauftragte er drei Gärtner, die sich um die Rosen seiner Villa entsprechend kümmern sollten und weihte sie auch über mehrere Tage in die Geheimnisse der Pflege seiner 42 Rosenstöcke ein. Trotzdem wirkte er am Tag der Abreise etwas bedrückt und hatte kein gutes Gefühl. In der Champagne angekommen, bestellte seine Gattin bereits im Hotel zwei Gläser Champagner. Dieser war sehr gut, konnte aber seine Schwermütigkeit nicht wirklich lindern. Am nächsten Tag besuchten sie nachmittags Reims, dort hatten sie auch eine sogenannte Kellerführung gebucht. Als Sybille neben ihrem Mann die steilen Stufen der Champagnerkellerei hinunterging, stürzte sie und Herbert konnte sie fast noch fangen, aber nicht verhindern, dass sie die Treppen bis zum Ende hinunterstürzte. Während der Führung war ein Mediziner zufällig anwesend, der sofort sich um Sybille annahm. Er stellte einen Genickbruch fest und leistete erste Hilfe. Wie durch ein Wunder überlebte Sybille, während es für Herbert ungemütlicher wurde. Ein sogenannter Flic verbohrte sich in der Annahme, es hätte sich um einen Mordversuch gehandelt. Herbert bestritt konsequent, leider rechnete er nicht mit einer Videoaufzeichnung in diesen modernen Kellern, die dann letztendlich auch ihn, einen ehemaligen Kampfsportler, zu Fall brachte. Es kam noch schlimmer, der Flic konnte ihn als einer der schlimmsten Serienmörder der letzten Zeit überführen. Der Anruf einer seiner Gärtner, wann er den zurückkommen würde, schließlich wäre der 43 Rosenstück auch bereits geliefert worden, beantwortete er mit einem müden Lächeln: „Ich glaube, dass in diesem Fall eine Erinnerung keine gute Idee ist.“ Zuhause zurück ließ Sybille alle Rosenstöcke von den drei Gärtnern ausgraben und pflanzte stattdessen einen „White butterfly“. Die drei Gärtner wurden ihre neuen Mitbewohner, da sie nach Herbert doch etwas Aufholbedarf hatte. Einer davon stellte sich nach kurzer Zeit leider als sehr eifersüchtig heraus. Als sie die beiden anderen Gärtner beauftragte, einen zweiten „White Butterfly“ zu pflanzen, fragten diese nach dem dritten. „Leider ist dieser heute Nacht völlig überraschend abgereist“. Sie drehte sich um und murmelte: „Tradition verpflichtet“. Sybille starb im hohen Alter mit 52 gepflanzten „White Butterflys“ zufrieden, hatte sie doch Herbert, der in der Haft an einem Herzinfarkt starb, deutlich überflügelt.
Harald, 02. Juni 2023.