Eines Tages beschloss ich, den Versuch zu machen, in einer großen Samstagabend Fernsehshow als Wettkandidat aufzutreten. Die Sendung hieß „Geht denn das?“ und wurde von einem gewissen Johannes Witzbold moderiert, den ich auf den Tod nicht ausstehen konnte. Ich unterbreitete dem Redaktionsteam den Vorschlag, dass ich versuchen wollte, mit verbundenen Augen leere Flaschen jenen edlen Schaumweinsorten zuzuordnen, mit denen sie früher gefüllt gewesen waren. Meine Wette wurde angenommen. Nach der Generalprobe wähnte ich mich in Sicherheit. Es wurden mir lauter leere Champagnerflaschen hingestellt, die ich mit Leichtigkeit den richtigen Marken zuordnete. Weil der Moderator Witzbold mich andauernd nervte, raunte ich ihm in einem unbeobachteten Moment zu, dass ich ihn für einen ausgemachten Dünnbrettbohrer hielte. Diese Frechheit sollte sich rächen. Als wir am Samstag zur besten Zeit auf Sendung waren und meine Wette als erste an der Reihe war, ließ mir der Moderator Witzbold, wie ich später herausfand, lauter gläserne Urinenten hinstellen, die noch dazu nicht sauber ausgewaschen waren. Für diese öffentliche Demütigung wollte ich mich rächen. Noch mit verbundenen Augen tat ich ganz scheinheilig und ließ meine Zunge im Mund kreisen. Es handle sich um ganz merkwürdige Champagnerflaschen, sagte ich dann. Ich sei mir sicher, dass der Champagner, der in ihnen aufbewahrt worden war, nicht neu, sondern gebraucht war. Er schmecke stark nach menschlichen Ausscheidungen. Unter dem johlenden Gelächter des Saalpublikums riss ich mir die Augenbinde herunter und behauptete, dass ich sogar wüsste, von wem die champagnerhältige Harnprobe stammte, nämlich von dem Moderator Johannes Witzbold selbst. Dem solcherart von mir Beschuldigten blieb schließlich keine Wahl, als seine niedrigen Beweggründe zuzugeben und meinen Verdacht zu bestätigen. Ich hatte meine Wette gewonnen. Meinen Wunsch für meine Belohnung im Fall meines Sieges hatte ich in einem verschlossenen Umschlag deponiert, den Witzbolds Assistentin coram publico nun aufriss. Ich hätte mir gewünscht, las sie vor, dass der Moderator, wenn ich gewänne, vom Publikum in einem Weintraubenhagel aus dem Studio gejagt würde. Augenblicklich trugen Helfer Körbe mit überreifen Trauben herein und verteilten die matschige Munition großzügig an die Zuschauer im Studio, die gut zielten und Johannes Witzbold binnen kürzester Zeit mit großem Vergnügen von der Bühne jagten. Da die übrigen Wetten an diesem Abend entfielen, war der Sender gezwungen, die frei gewordene Zeit bis zum Beginn der nächsten Sendung mit aufgezeichneter Blasmusik zu überbrücken.
Michael, 08. September 2023.