Der reichste Mensch der Welt, ein gewisser Boris Schabrnagg, der sein sagenhaftes Vermögen durch den weltweiten Vertrieb von Entwurmungsanlagen erworben hatte, verliebte sich im hohen Alter in eine bildschöne blutjunge Frau namens Thusnelda, die er unter allen Umständen heiraten wollte, auch wenn er für gewisse Leistungen seines greisen Körpers schon auf kleine blaue Pillen angewiesen war.
Obwohl auch seine Berater Schabrnagg dringend von einer Ehe mit der adeligen Thusnelda von Eisenbügeln abrieten, die als unheilbar champagnersüchtig galt, bestand der greise Gockel darauf, seiner Angebeteten einen Antrag zu machen, den sie erst einmal abschmetterte.
Soviel Champagner, wie als Mitgift nötig sei, um ihr Herz zu gewinnen, beschied sie Schabrnagg, können nicht einmal er als der reichste Mann der Welt herbeischaffen.
Eine genauere Quantifizierung der erforderlichen Champagnermenge ließ sie sich bei jenem ersten Kontakt allerdings nicht entlocken.
Schabrnagg zog unverrichteter Dinge ab, unternahm allerdings bald einen neuen Versuch, als ihm zu Ohren kam, dass Thusnelda in einem Chalet am Arlberg weilte, um dort dem Schilaufen zu frönen.
Er ließ ihr von seinem Hubschrauber aus eine Kiste Le Mesnil Blanc de Blanc Grand Cru Brut 1989 auf den Fußabstreifer stellen, zusammen mit einem handgeschriebenen Brief, in dem er mit launigen Formulierungen um ein Rendezvous bat.
Thusnelda von Eisenbügeln ließ ihn erneut abblitzen, diesmal allerdings weitaus weniger vehement als beim ersten Mal.
Sie werde, ließ sie Schabrnagg ausrichten, bei einem Vollbad in dem Champagner, den er ihr geschickt habe, darüber nachdenken, ob sie einen weiteren Versuch seinerseits zur Kontaktaufnahme dulden wolle. Der Le Mesnil sei zwar ein wenig ordinär, aber für ein Bad unter der Woche gerade noch einigermaßen akzeptabel.
Noch während Boris Schabrnagg eine neue Strategie ausbrütete, drehte Thusnelda von Eisenbügeln den Spieß plötzlich um und präsentierte ihrem Verehrer von sich aus eine Möglichkeit, wie er sie gewinnen könne. Sie sei noch nie auf Champagner Schi gelaufen; wenn Schabrnagg für entsprechende Präparierung eines Streckenabschnitts sorgte, würde sie einmalig mit ihm soupieren.
Schabrnagg ließ am Kriegerhorn eine Piste mit Hilfe von Flammenwerfern vom Schnee befreien. Parallel dazu kaufte er die Jahresproduktion des Champagnerhauses Bollinger, befüllte damit die Schneekanonen am Kriegerhorn und ließ die Piste frisch mit Champagnerschnee beschneien.
Als er Thusnelda die frohe Botschaft an den Frühstückstisch brachte, rümpfte sie ihre Nase und erklärte, das sie die Piste am Kriegerhorn von allen Pisten am Arlberg am wenigsten mochte.
Schabrnagg, der durch die erneute Brüskierung heftig in Rage geriet, lief nun erst zur Hochform auf. Durch seine Anwälte ließ er im Blitztempo den kompletten Arlberg aufkaufen. Parallel dazu orderte er persönlich weltweit jedes verfügbare Quantum Champagner.
Erneut wartete er den Einbruch der Nacht ab, ließ dann unter Einsatz martialisch anmutender Gerätschaften den Berg komplett auftauen und anschließend mit allen vorhandenen Schneekanonen mit dem zusammengekauften Champagner frisch beschneien.
Am Morgen postierte er sich höchstpersönlich im Ziel der Weltcupabfahrtsstrecke in St. Anton. Als Thusnelda von Eisenbügeln endlich in den Zielhang einbog, stellte Schabrnagg sich ihr in den Weg und fragte sie, wie sie das Schilaufen auf Champagnerschnee fände und ob sie nun endlich bereit sei, seine Frau zu werden.
Thusnelda fuhr ihn schon im Abschwingen ungerührt über den Haufen, wodurch sie beide zu Fall kamen. Ein paar Schritte von Schabrnagg entfernt auf dem Boden liegend, schrie sie, dass eher in den nächsten fünf Minuten der ganze Champagnerschnee schmölze und den Berg hinaufränne, als dass sie, Thusnelda, ihn, Boris Schabrnagg, heiratete.
Auf ein Handzeichen Schabrnaggs überschüttete sein Hubschrauber Thusnelda mit tausenden Schachteln der kleinen blauen Pillen, die sie unter sich begruben.
Als Thusnelda sich endlich aus dem Berg an Medikamentenpackungen wieder herausgearbeitet hatte, zeigte sie Schabrnagg ihren Mittelfinger.
In diesem Augenblick huschte ein Lächeln über Boris Schabrnaggs Gesicht, weil er einsah, dass er verloren hatte.
Michael, 6. Oktober 2023.