Hubert wusste bereits im ersten Schuljahr, dass seine Wirkung auf Frauen eine besondere war. Wie das zustande kam, konnte weder er noch Außenstehende sich wirklich erklären. Keine besonders hervorstechende Schönheit, keine geschliffenen Manieren und auch kein besonderer Reichtum zeichneten ihn aus. Den Kakao bezahlten die Mädchen von ihrem Schulgeld, die Wodkas von ihrem Azubi-Gehalt und den Champagner übernahmen später Frauen aus der gehobenen Gesellschaft. Viele seiner Freunde nannten ihn „little don“. Wenn ihm in einem Land zu langweilig wurde, wechselte er zur nächsten Destination und so himmelten ihn Frauen unterschiedlicher Länder an. In Spanien passierte dann aber etwas, was Hubert als Künstlerpech bezeichnete. Eine junge Dame namens Anna mit einem Herzfehler, von dem er zwar wusste, aber sich nicht weiter darum kümmerte, überlebte die Liebesnacht mit ihm nicht. Am nächsten Morgen flüchtete er aus dem Haus und verließ das Land Richtung Portugal. Er bemerkte bald, dass Annas Mutter ihn verfolgte und Rache schwor. Hubert kümmerte sich nicht weiter darum, sondern liebte sich weiter durch fremde Betten. Es folgten weitere Kontinente, Frauen und erst nach vielen Jahren kehrte er im höheren Alter nach Deutschland zurück. Die Sache mit Anna hatte er bereits vergessen, als er gegen zwei Uhr morgens aus einer Bar mit reichlich Champagner sich mit einem Freund auf dem Heimweg befand. Er zählte die Namen seiner Geliebten in diesem Monat auf und manche Namen entfielen ihm bereits. Nach einigen Minuten gingen sie an Skulpturen vorbei, als unvermittelt eine Skulptur zu sprechen begann. Sein Freund flüchtete sofort. Hubert glaubte benebelt von Champagner die tot geglaubte Anna zu erkennen. Er sollte sein Leben ändern, was Hubert nur mit einem Lachen goutierte. Die hochlebendige Skulptur, es war wohl tatsächlich Anna, warnte ihn nochmals vor seinem Untergang. Er blieb bei seiner Meinung und teilte ihr mit, dass das bürgerliche Leben für ihn nicht geschaffen wäre. Dabei zwinkerte er ihr auch noch unverschämt zu. Anna wollte ihn eigentlich zur Hölle fahren lassen, da kam ihr eine andere Idee. Sie schaute ihm tief in die Augen und Hubert fühlte sich plötzlich von ihr angezogen wie von keiner Frau zuvor, es war ein Sog, dem er sich nicht entziehen konnte. Er ging auf Anna zu, küsste sie und anschließend liebten sie sich. Hubert ging immer nach einer Nacht, diesmal wollte er bleiben, ein Leben mit Anna, endlich sesshaft, genug der Abenteuer. Er bemerkte kurze Zeit später, dass auch er zur Skulptur geworden war, die wachen Momente wurden wie die Liebesspiele mit der Zeit immer weniger. Dafür freute er sich über die Besuche der Schwiegermutter. Die Rache war geglückt und zum großen Don Giovanni fehlte „little don“ dann schlussendlich doch die Entschlossenheit.
Harald, 03. November 2023.