Polizeikontrolle

Ich spürte Langeweile und wusste wirklich nicht, was ich tun sollte. Es sollte et­was Originelles sein, das die Welt zum Staunen brachte. Also setzte ich mich ein­fach auf das nächstbeste Zierkissen und und versuchte davonzufliegen. Zu mei­nem Erstaunen klappte es sofort hervorragend. Das Kissen ließ sich leicht lenken und steuern und auch die Regulierung der Geschwindigkeit war keine Hexerei.

Ich flog gleich zum Höllerersee und weil ich mich so sicher fühlte, wählte ich gleich eine Route auf dem Wasser, obwohl ich nicht schwimmen konnte. Freund­lich grüßte ich die Fischer am Ufer und wünschte ihnen einen guten Fang.

Sie re­agierten äußerst unwirsch und hielten mir vor, dass einer wie ich die Fische scheu machte. Ich solle gefälligst wo anders fliegen und wenn überhaupt, dann mit einem anständigen Fluggerät und nicht auf einem Kissen, von dem man ja nicht einmal wisse, wie es angetrieben würde.

„Jedenfalls nicht durch meine Fürze, ihr Banausen und Ignoranten!“, rief ich von oben und drehte noch eine Schleife. „Aber wenn es ein Kissen mit Furzantrieb wäre, dann würde ich euch die ganzen Karpfen und Welse in die Flucht furzen!“

Da drohten sie mir mit erhobenen Fäusten, sodass ich es mit der Angst zu tun bekam und rasch weiterflog. Eine Zeitlang schwebte ich unbehelligt über der Landstraße dahin, bis mich ein schar­fer Pfiff aus einer Polizeitrillerpfeife aus meinen Gedanken riss.

Ich verlangsamte meine Geschwindigkeit, drehte mich herum und entdeckte den Wachtmeister Gretschmer, der gerade seine Radarpistole zur Seite legte.

„Gretschmer, was ist mit dir?“, rief ich. „Hast du etwa auch Langeweile, dass du hier unschuldigen Bürgern auflauerst, um sie abzustrafen?“

Gretschmer hatte einen schlechten Tag und riet mir, dass ich nicht frech werden solle. Der Grat vorbei an einer Beamten­beleidigung sei bereits ziemlich schmal.

„Ach, spiel dich nicht auf, Gretschmer“, sagte ich und stieg von meinem Kissen. „Du bist ja nur neidisch, weil dir nie et­was Rechtes einfällt, wenn du Langeweile hast.“

„Gut, du wolltest es so“, rief der humorlose Wachtmeister. „Dann machen wir jetzt also eine Fahrzeugkontrolle! Wie fliegt das Ding? Ich will sofort die Papiere sehen, Zulassung, Lenkberechti­gung, Kapitänspatent, was auch immer du hast. Wo ist der Sicherheitsgurt? Was ist mit der vorgeschriebenen Beleuchtung und dem Verbandspäckchen?“

„Ach, weißt du was, Gretschmer?“, erwiderte ich. „Du kannst das Kissen behalten! Hier, nimm!“

Ich riss den Bezug herunter, schnitt es mit meinem Taschenmesser auf und warf die Federn Gretschmer ins Gesicht. Da zog der humorbefreite Polizist seine Waffe und löste die Handschellen von seinem Gürtel.

„Willst du mich etwa ver­haften?“, rief ich ungläubig.

„Ganz genau“, erklärte Gretschmer. „Wegen Verhöh­nung einer Amtsperson und Widerstand gegen die Staatsgewalt!“

„Dann fang mich doch!“, rief ich, stibizte ihm die Kappe vom Kopf und setzte mich auf seine Laserpistole, mit der ich genausogut fliegen konnte. Gretschmer machte Ernst, entsicherte seine Waffe und jagte mir alle Kugeln aus dem Magazin hinterher, die ich aus der Luft mit seiner Kappe aber gekonnt auffing.

„Mach’s gut, Ordnungs­hüter“, sagte ich und winkte ihm, ehe ich endgültig nach Hause flog. Radarpistole und Kappe steckte ich in einen Umschlag, den ich ans Polizeirevier adressierte.

Dann brühte ich mir eine Tasse Tee auf, den ich sehr genoss, in stiller Freude über meinen gelungenen Streich, der mir das Gespenst der Langeweile nachhaltig vertrieben hatte.

Michael, 15. März 2024

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