Heinrich traf sich mit einem Geschäftspartner wie immer am Mattsee bei Salzburg. Diesmal hatte ihr Stammlokal geschlossen, weshalb sie auf ein bekanntes Romantikhotel zurückgreifen mussten. Dort gab es zumindest eine Bar und so schnell wie die Themen abgehandelt wurden, war auch das erste Bier in den Kehlen verschwunden. Eine Flasche einer Rotwein-Cuvée namens „Das Phantom“, die den Beiden vorzüglich mundete, hätte für die Heimfahrt wohl noch gepasst. „Noch eine Flasche?“, fragte die Kellnerin lächelnd. „Dann können Sie auch gleich die Zimmerkarte bringen“, antwortete Heinrich. So saßen sie bis nach Mitternacht. Am Morgen von der Sonne geblendet wachte Heinrich mit Blick auf den See auf. Als erstes fiel ihm ein rotes Herz vor seinem Bett auf, dann sah er Rosenblätter verstreut auf der Decke. Ihm war es egal und er machte sich auf den Weg zur Dusche, als er plötzlich eine Stimme hörte. Im Bett lag die Kellnerin von gestern. Er verzichtete auf die Dusche, faselte etwas von einem wichtigen Termin und saß bereits fünf Minuten später im Auto. Sieben Anrufe in Abwesenheit führten dazu, dass Heinrich seine Frau zurückrief. Er hätte bis spät in die Nacht mit einem Geschäftspartner gearbeitet und wäre dann zu müde für die Autofahrt gewesen, was über weite Strecken ja auch der Wahrheit entsprach. Auf die Frage, wo er denn übernachtet hätte, gab Heinrich den Namen des Hotels preis. Mehr hatte es nun nicht mehr gebraucht, wollte doch seine Frau schon lange mit Heinrich romantische Tage und Nächte in einem solchen Hotel verbringen. Heinrich versuchte sie zuerst auf andere Gedanken zu bringen, was misslang. „Dort spukt es massiv“, führte er nun aus, „nie und nimmer bringst Du mich mehr in dieses Hotel!“ Seine Frau Rosemarie verstand seine Befürchtung. Heinrich fuhr zufrieden noch ins Büro und kam am frühen Nachmittag nach Hause. Warum zwei Koffer vor der Tür standen, brachte ihm seine Frau schnell näher. Dass er sich vor Geistern fürchtete, kam ihr ja die ersten Male nicht weiter komisch vor. Diesmal wollte sie sich nach der siebten Geistergeschichte selbst vom Spuk überzeugen und traf ausgerechnet auf jene Kellnerin, die die Nacht mit Heinrich verbrachte und schwärmerisch davon berichtete. Als diese auch noch seine Ehefrau nach seiner Telefonnummer fragte, war das der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Heinrich mietete eine kleine Wohnung und verbrachte jeden Tag mit einer anderen verflossenen Thekenkraft, die wohl durch Zutun seiner ehemaligen Gattin allesamt seine Telefonnummer erhalten hatten. Ob er denn wieder zu ihr zurückkehren könnte, fragte Heinrich bereits nach zwei Wochen. Seine Noch-Gattin antwortete, dass sie sich zumindest noch zwei Monate Zeit für eine Entscheidung lassen würde. Heinrich begriff, dass er die Geister, die er rief, so schnell wohl nicht mehr loswerden würde.
Harald, 20. April 2024.