Mel ging durch den Flur des großzügigen Hauses, als der Wind plötzlich stärker wurde. „Leo, es weht!“, schrie sie in Richtung Schlafzimmer. Leo kam gestern erst gegen morgen nach Hause, nachdem er zuerst in einer Bar einige Cocktails zu sich nahm, dann eine hübsche Frau kennenlernte, sie gemeinsam einige Tequilas tranken, wobei sie zuerst die Zitrone abschleckten, dann diese austauschten, um sie genüsslich zu essen und sich dann das Getränk hinunterzukippen, nach Mitternacht zu ihr zu fahren, sich über die Aussicht des Penthouses zu freuen, sich auszuziehen, miteinander zu schlafen, mit vielen Küssen zu verabschieden, ein Taxi zu rufen, irgendwie dann zuhause im Schlafzimmer zu landen. „Leo, hörst Du nicht, es zieht!“, hörte er seine Gattin erneut. „Ja, ja, es zieht“, antwortete er und wusste, dass sein Schlaf jetzt beendet war. Er ging nackt auf den Flur und spürte diesen angenehmen Hauch. „Herrlich, diese Frische“, antwortete Leo. Mel ging missmutig auf ihn zu: „Es ist aber kein Fenster offen“. Leo drehte sich in alle Richtungen, vom frischen Wind beflügelt meinte er: „Nein, diese leichte Brise scheint sich im Haus zu befinden“. Mel war immer noch nicht beruhigt und ihr Haar war bereits vom Wind relativ zerzaust, was Leo mit einem wohlmeinenden Lächeln quittierte. „Du sorgst jetzt augenblicklich dafür, dass diese Gebläse abgestellt wird“, schleuderte Mel in seine Richtung. Leo ging hinunter und auch dort wurde er von starken Lüften eingehüllt, die er immer noch als sehr wohltuend empfand. Es läutete und er öffnete die Tür. Die Postbotin wurde ebenfalls von der Zugluft erfasst und übergab mit offenen Mund ein Paket. „Das ist nur eine leichte Brise im Haus“, erklärte Leo und dachte nicht daran, dass die Postbotin wegen seiner Nacktheit vielleicht sehr erstaunt wirkte. „Wer war das?“, kam Mel ins Wohnzimmer. „Ach nur die Postbotin, ein Paket für mich“, meinte Leo. „Du ziehst dir jetzt augenblicklich etwas an!“, schrie Mel, „als nächstes kommt noch die Nachbarin und beschwert sich wegen diesem Scheiß Wind“. Leo genoss immer noch diese Luftverwirbelungen auf seinem Körper und dachte gar nicht daran, sich anzuziehen. Die ihm umgebende Luft wurde immer kecker und berührte ihn fast schon unsittlich, sodass Leo erfreut lachte. Mel’s Haar schien nun wirklich nicht mehr in Ordnung zu sein und stand fast senkrecht nach hinten. Trotz mehrerer ernstgemeinter Versuche seitens Leo wurde das Problem in den nächsten Tagen nicht besser. Mels Freundin verließ bereits nach fünfzehn Minuten das Haus während Leo mit seinen Freunden stundenlang bei einigen Bieren und guten Actionfilmen im Wohnzimmer die Frischluft genossen. Mel drohte mit Auszug und Leo wollte Reisende nicht aufhalten. Als Mel gerade mit ihren Koffern das Haus verließ und Leo ihr alles Gute wünschte, das Ende der Beziehung auch nur wenig bereute, stattdessen „wind of change“ summte, spürte er wieder die Lüsternheit dieses Hauchs. „Ein Dämon“, schrie er, kaum war die Haustür von Mel zugeschlagen worden. „Wie hast Du mich erkannt?“, fragte eine sehr angenehm klingende Stimme zurück. „Du bist ein Succubus“, wurde Leo präziser. „Als Mann umgarnst Du mich während Du meine Freundin aus dem Haus geekelt hast“, führte Leo sehr gelassen fort. „Ja, das stimmt wohl“, erwiderte ein langsam erscheinender Frauenkörper. Sie war hübsch anzusehen und gehörte wohl zur attraktiveren Sorte. Leos Freunde wurden von ihr akzeptiert, seine Frauengeschichten meist weniger. Die Nächte verbrachte er mit ihr, was mit der Zeit aber für Leo nicht befriedigend genug war. Erst kurz vor Sommerbeginn befand der Succubus, dass Marie die Richtige für ihn war. Marie akzeptierte zwei Nächte in der Woche, die Leo mit dem Succubus verbrachte und wurde dafür eine Nacht pro Woche ebenfalls von diesem Dämon verführt. Mittlerweile leben sie zu dritt sehr glücklich und können sich auch sicher sein, dass Astrid – sie gaben dem Succubus dann doch einen Namen – ein sehr guter Hausgeist ist während die Nachbarschaft aus nicht nachvollziehbaren Gründen immer noch die Dämonen verteufelt.
Harald, 31. Mai 2024.