Der etwas treulose Klaus entzündete wie jedes Jahr zur Sommersonnenwende das Holz im Feuerkorb. Nachdem sich die Familie um das Feuer versammelt hatte, trafen auch noch drei Freunde ein, die ein sonderbares Bier mitbrachten. Klaus konnte dem Stoffetikett entnehmen, dass dieses in Quevris (Tongefäßen) bereits vor 5.000 Jahren auf diese Art und Weise gebraut wurde und unter anderem auch Schafgarbe und andere Kräuter enthielt. Die Kinder gingen früher schlafen, selbst seine Freundin verabschiedete sich bereits um 22.30 Uhr. Die Freunde hatten wenig später auch keine Lust mehr und so saß Klaus alleine am Feuerkorb. Spontan öffnete er das von den Freunden mitgebrachte Bier und kostete. Der erste Schluck schmeckte sehr merkwürdig und er zündete sich eine Zigarre an. Diese Kombination schien etwas besser zu passen und Klaus lehnte sich gemütlich am Stuhl nach hinten. Plötzlich knisterte es im Feuer laut und der Rauch über dem Feuer manifestierte sich zu einer ansehnlichen, zum Bier passenden aber auch merkwürdigen Frau. „Das ist ein Bio-Urbier, du Barbar!“, fauchte sie. „Na und, ist ja eh OK“, antworte Klaus. „Du dämlicher Neumensch, die Zigarre passt hier gar nicht, also ausmachen!“, herrschte sie ihn erzürnt an. „Davon verstehst Du nichts! Du bist… Ja, was bist du überhaupt!? Ein Feuergeist?“, blieb Klaus ungerührt. „Dass die Menschheit seit dem Neolithikum sich nicht zum Besten entwickelt hat, war mir klar, aber hier habe ich es wohl mit einem ausgesprochen begriffsstutzigem Exemplar zu tun! Ich – und jetzt passe mal auf – bin ein Biergeist der ersten Bierbrauerstunde und hauptsächlich für den Schaum verantwortlich, aber auch für jeglichen Frevel, der mit Bier getrieben wird“, klärte sie Klaus auf und wies ihn nochmals an, die Zigarre sofort auszumachen. Klaus dachte nicht im Mindesten daran, nahm einen Schluck vom Bier, das ihm nun doch richtig zu munden schien und zog kräftig an der Zigarre. Gerade als er den Rauch Richtung Biergeist genüsslich blies, schlug sie ihm diese aus der Hand. Klaus war jetzt nun doch verblüfft, hatte er doch bisher die Meinung, dass Geister ihm nichts anhaben konnten. „Na gut, dann trinke ich das Bier halt ohne Zigarre“, gab er nun klein bei. Das schien ihr zu gefallen und sie setzte sich nun auf einen der freien Stühle neben ihm und bat ihn, ebenfalls ein Glas für sie zu füllen. Klaus teilte gerne und wollte sie auch nicht weiter verärgern. Sie tranken und tauschten sich über alles Mögliche weiter aus. Klaus störte ihre altertümliche Erscheinung und fragte vorsichtig, ob sie diese anpassen könnte. Sie antwortete, dass das problemlos möglich wäre und sie das letzte Mal vor ca. 2.000 Jahren einem Menschen erschien und der damals hellauf begeistert gewesen war. Klaus zückte sein Mobiltelefon und zeigte ihr einige Models aus der Jetztzeit. Keine zwei Minuten später saß er neben seiner Traumfrau. Klaus war nun völlig verzückt, küsste sie sofort und musste nun die restliche Nacht unbedingt mit ihr verbringen. Als seine Freundin am nächsten Morgen Klaus nicht neben ihr im Bett fand, im Garten alles absuchte und sein Handy am leeren Sessel fand, gab sie eine Vermisstenanzeige auf. Klaus wurde nicht mehr gefunden, nur manchmal glaubte seine Freundin ihn mit einer anderen Frau im Garten zu hören. Eines Morgens fand sie einen Brief von Klaus, der sie warnte, keine Geister zu küssen. Aber das hatte sie auch nicht vor, war sie doch schon längst mit einem treuen Mann namens Dieter liiert.
Harald, 21. Juni 2024.