Hubert stieg aus seinem mehr als einer halben Million Euro wertvollen Mercedes AMG Geländewagen. Die Cojones hingen ihm bis zu die Knie und bevor er das Unternehmen betrat, das er gerade kurz vor dem Konkurs gekauft hatte, schlug er sich leicht gebückt abwechselnd mit der linken und der rechten Faust auf die Brust und stieß merkwürdige Geräusche aus. Die Belegschaft hatte einiges von ihm in diversen Wirtschaftsmagazinen gelesen, aber das übertraf sogar die schlimmsten Vorstellungen. Bereits im Erdgeschoß entließ er sieben Mitarbeiter und zwei Mitarbeiterinnen, die nur etwas abfällig auf ihn schauten. In den nächsten Stockwerken ging es nicht anders weiter. Ein Alpha-Mann, der alles aus dem Weg räumte, was nur annähernd für ihn gefährlich werden könnte. „Absolute Gefolgschaft, absoluten Einsatz und absolute Unterordnung“, lies er im letzten Stockwerk verlauten, wären seine Werte. Dabei klopfte er wieder auf seiner Brust und die Führungskräfte versuchten, dieses Klopfen zu imitieren. Die Praktikantin aus dem fünften Stock machte er am gleichen Tag zu seiner persönlichen Assistenz und legte sie keine Stunde später in seinem geräumigen Büro bereits flach. Den Sales Director gab er Ziele vor, die weit über dem bisher Gedachten lagen. „Warum fahre ich dieses Auto und bin Milliardär?“, fragte er ihn lautstark und packte ihn fest an den Eiern. „Weil ich es kann, weil ich es kann!“, schrie er und machte affenartige Laute. Das Unternehmen war wie ausgewechselt, jeder versuchte Hubert alles recht zu machen und ging dafür an Grenzen. War bisher gegen Abend kein Licht mehr zu sehen, leuchtete das Firmengebäude selbst um 22.00 Uhr noch hell. Nach bereits vier Monaten wurden wieder erste Gewinne gemacht, nach sieben Monaten war das Unternehmen von der Branchenführerschaft nicht mehr weit weg – bei dieser Gelegenheit überlies er den Mercedes AMG seinem Sales Director – und bereits nach einem Jahr hatte Hubert Angebote, die seinen damaligen Firmenkaufwert um das Zwanzigfache überschritten. Das war ihm nicht genug. Er installierte eine Gleichberechtigungsbeauftragte, wechselte in ein kleines Büro im Erdgeschoß und lies Kultur und Werte des Unternehmens überall aufhängen. Es folgten Compliance-Schulungen, Anti-Diskriminierungsrichtlinien und ein Gesundheitsförderungsprogramm für Mitarbeiter:innen. Nach nicht einmal achtzehn Monaten verkaufte er das Unternehmen für 125.000.000 Euro. Die Abschiedsfeier mit der ganzen Belegschaft samt Geschenken lies er sich 10.000.000 Euro kosten. Der Applaus am Schluß war auch für ihn ein Genuss und noch einmal klopften sich viele mit den Fäusten ein letztes Mal auf die Brust. Mit dem kleinen Elektroauto fuhr er nach Hause, eine Villa mit 450 m2 Wohnfläche und begrüßte seine Frau mit einem zärtlichen Kuss. Seine beiden Kinder mit vier und sieben Jahren freuten sich, da heute wieder er kochen würde. Die Stiftung seiner Frau, die sich im Bereich von Bildung und Gleichberechtigung stark machte, erhielt 100 Millionen Euro. Als die Wirtschaft wieder strauchelte und ein ehemaliges Paradeunternehmen, ein deutscher Autobauer, in Scherben lag, kaufte Hubert einen Mercedes G63 AMG 6×6, startete den Motor und wusste, was zu tun war. Der Geist der Männlichkeit hatte ihn wieder voll im Griff und als er am Parkplatz des Unternehmens eintraf, trat er am Stand das Gaspedal durch und röhrte aus dem heruntergelassenen Fenster der Fahrerseite.
Harald, 29. November 2024.