Mammon ging zu einer rhythmischer Musik, die aus lange vergangen Zeiten zu stammen schien, vom linken Bartresen aus zu einem Tisch, an der eine Frau saß, die Bonnie Parker durchaus ähnlich schien. Jetzt war Mammon nicht Clyde Barrow und hatte auch keine Lust, sich von seinem linken großen Zeh zu trennen, geschweige denn im Kugelhagel zu sterben. Diese Frau aber zog ihn an, ermunterte ihn, forderte ihn auf. Das Licht war schummrig, warm, die Tische aus dunklem Vollholz, separiert, diskret.
„Mammon“, „John Mammon“, stellte er sich vor. „Greta“, „Greta Gold“, flüsterte sie in einem Ton, den John sofort mit einem James Bond – Film verband. Sein Blick fiel auf ihre Halskette. Mammon schätzte deren Wert, konnte nicht anders. „Und John?“, unterbrach sie seine Gedanken. „Velvet Smoke“, antworte er und gab dem Barkeeper ein Zeichen. So saßen sie nun, konnten die Bitterschokolade sowie das Rauchsalz deutlich schmecken. John zündete sich eine Zigarette an, Greta lehnte ab. „Und Greta?“, erkundigte sich John während er den Rauch in Richtung ihrer auf dem Tisch liegenden linken Hand blies. „Verjus Bloom“, konterte Greta. John hätte es wissen müssen, zart, floral und nicht zu unterschätzen. Der Barkeeper benötigte diesmal nicht einmal mehr ein Zeichen. Greta wusste, wie gespielt wird, eine Regelerklärung nicht notwendig. John fürchtete bereits, dass es eine Falle war. „Ich sehe, was andere übersehen“, meinte er. Ob das ein Fluch oder Segen war, konnte er jetzt nicht mehr beantworten. „Du hast sie trotzdem gewollt, warum?“, spielte sie mit ihrer Halskette. John zog an seiner Zigarette. „Weil du sie trägst, als wärst du sie“, erwiderte John. Sie lächelte zufrieden und wusste, was John meinte. „Ein letzter Cocktail, bevor die Polizei das Lokal stürmt?“, fragte sie unschuldig. John lächelte als der Barkeeper mit einem schwarzen Umschlag an den Tisch trat: „Für Sie, Miss Gold.“ Sie öffnete den Umschlag auf eine sanft umkreisende Art und schob ihn langsam John rüber. Er nahm das darin befindliche Papier heraus. Eine Uhrzeit, eine Adresse, keine Erklärung. „Ist das dein Spiel?“, frage John. „Unseres“, sagte Greta, „wenn Du willst.“ John zögerte keine Sekunde. „Was ist mit Clyde und Bonnie?“, fragte er und ließ die Zigarette in den Aschenbecher fallen. „Die waren zu laut“, meinte Greta, „Wir sind leiser und sicher klüger.“ Sie standen gleichzeitig auf. Draußen wartete die Nacht und vielleicht der Coup ihres Lebens.
Harald, 23. Mai 2025.
Literarisches Jagdgeflüster 