Ich wohnte schon lange in einem malerischen Dorf im Norden Salzburgs, das über einen kleinen Moorsee verfügt. Vor kurzem unterhielt ich mich zu fortgeschrittener Stunden mit einem alten Dorfbewohner namens Max, der mir sehr ausführlich und durchaus glaubhaft von mehreren wunderschönen Nixen in diesem See erzählte. Ich sollte aber aufpassen, denn ihr Gesang wäre sirenenartig und sie versuchten immer wieder Männer in den See zu locken. Jeder Mann wäre zwar zurückgekehrt, aber meist doch seltsam verändert.
Ich machte mich – von der Geschichte ganz begeistert – bereits am nächsten Tag mit einem Netz, einer Regentonne, vier Champagnerflaschen sowie einer gehörigen Portion Selbstvertrauen auf den Weg zum See. Tagsüber konnte ich nur einige Badegäste beobachten, abends wurde es ruhig. Um meine Jagdlaune aufrecht zu erhalten, leerte ich zwei Champagnerflaschen bereits am Nachmittag. Die Dritte öffnete ich nun auch, schließlich würde eine Flasche für eine Nixe wohl sicher reichen. Ein lauer Sommerabend begann und ich träumte bereits davon, wie mich die Dorfbewohner als Held feiern würden, wenn ich mit einer waschechten Nixe heimkäme. Ich stellte mir eine wunderschöne Frau vor, ihr langes Haar fiel dabei wellenartig über ihre Schultern, selbst ihren in allen Farben schimmernder Fischschwanz fand ich in meinen Gedanken richtig süß. Jetzt hörte ich endlich ein Rauschen.
Eine Nixe erschien tatsächlich und von ihrem Anblick würden selbst die Fische erröten. Ich war verständlicherweise sehr aufgeregt, wohl auch leicht vom Alkohol beeinträchtigt und schmiss das Netz viel zu früh in ihre Richtung. Dabei verfing ich mich zu allem Überdruss auch noch mit meinen leicht abstehenden Ohren im Netz und stürzte verwirrt kopfüber in den See. Die Nixe schien Freude an diesem Spektakel zu haben und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. „Suchst Du nach mir?“, fragte sie mich amüsiert. Ich versuchte mich schnell aus dem Netz zu befreien und meinte nun etwas beschämt: „Ich wollte dich fangen, habe mich wohl aber nur selbst gefangen.“ Sie war, als sie nun so herzhaft lachte, noch schöner: „Wenn du mich fangen willst, musst du es schon besser anstellen. Was hältst du davon, wenn ich dir ein paar Tipps gebe?“ Ich stimmte begeistert zu. Wir verbrachten die Nacht bis zum Morgengrauen, tranken die letzte Champagnerflasche und verabschiedeten uns mit dem Versprechen, dass wir uns beim nächsten Seefest bei der Fischerhütte, die etwas abseits lag, treffen würden, aber nur wenn ich das Netz zu Hause lassen würde.
Am nächsten Tag wachte ich mit einem leichten Kopfweh und dem Gefühl auf, als hätte ich einen ganzen Schwarm Fische in meinem Kopf gefangen, was aber meine gute Laune kaum trübte. Am Tag des Seefestes machte mich auf den Weg zur Fischerhütte, natürlich ganz ohne Netz, aber mit einer neuen Flasche Champagner in der Tasche. Ich übte vorab noch spezielle Tanzbewegungen, um meine Nixe zu beeindrucken und mit ihr einen Wassertanz zu vollbringen. Ich begann bei der Hütte angekommen mit meinen Tanzbewegungen und wippte passend zur Musik, die von der anderen Seite des Sees zu hören war. Die wenigen Personen, die an der Hütte vorbeikamen, sahen mich an, als wäre ich ein frischgefangener Hecht, der versucht vom Land wieder in den See zu gelangen. Plötzlich hörte ich ein vertrautes Lachen hinter mir. Die Nixe war tatsächlich gekommen! Sie trug ein glitzerndes Kleid aus Wasserlilien und sah noch atemberaubender aus als beim ersten Mal. „Was machst du da?“, fragte sie mit einem breiten Grinsen. „Ich übe für unseren großen Auftritt!“, antwortete ich stolz und machte eine besonders dramatische Fischbewegung, die dazu führte, dass ich samt der Champagnerflasche wieder in den See fiel. „Ich glaube, du solltest vielleicht etwas weniger tanzen und mehr trinken!“, kicherte sie und nahm mir die Flasche ab. „Lass uns lieber anstoßen!“ Wir prosteten uns zu, und ich konnte nicht anders, als mich in ihren strahlenden Augen zu verlieren.
Die Nacht verging mit viel Lachen, wenig tanzen und dem ein oder anderen misslungenen Versuch, die Nixe zu beeindrucken. Am Ende des Abends, als die Sonne aufging und die ersten Vögel zu singen begannen, saßen wir am Ufer des Sees. „Weißt du“, sagte die Nixe mit einem schelmischen Lächeln, „ich glaube, du bist der erste Mensch, der es geschafft hat, mich zum Lachen zu bringen.“
Wir verabschiedeten uns abermals mit dem Versprechen, uns bald wiederzusehen. Als ich nach Hause ging, fühlte ich mich nicht nur wie ein Held, sondern auch wie der glücklichste Mann im ganzen Dorf. Und während ich an den See zurückdachte, wusste ich, dass ich nicht nur eine Nixe, sondern auch eine wunderbare Freundin gefunden hatte – und das ganz ohne Netz!
Harald, 20. Juni 2025.