„Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben“, sinnierte Friedrich, „wenn es der Gelse nicht gefällt.“ Über seinem Kopf surrte eine schier endlose Gruppe von Gelsen. Die Biester schienen mittlerweile auch gegen Friedrichs Gelsenstecker immun zu sein – wahrscheinlich hatten sie ein geheimes Gelsen-Gesundheitsprogramm entwickelt, das ihr Abwehrsystem gehörig auf Vordermann brachte. Nelken, die er vor Wochen in Zitronen gesteckt hatte, schienen die Gelsen fast schon unter dem Motto „Vitamin C stärkt die Abwehrkräfte“ zu lieben.
Während Friedrich verzweifelt versuchte, die Plage zu vertreiben, sorgte sein Anti-Mosquito-Ventilator für gehörige Nackenschmerzen. Die Gelsen schienen den angenehmen Luftzug zu genießen, als wären sie Jugendliche auf dem Electric Love Festival auf der Suche nach Abkühlung. Friedrich schlug nun entnervt zu – und traf sich selbst zweimal auf den Kopf, ohne auch nur eine Gelse zu erwischen. Stattdessen gab es eine doppelte Ohrfeige, die ihn noch mehr irritierte.
Kurz nach Mittag, nachdem er den Vormittag mit einem Nickerchen nachgeholt hatte, blätterte Friedrich in einer älteren Astrozeitschrift und entdeckte eine Telefonnummer. Eine gewisse Astrid bot einen Gelsen-Erschreckungs-Zauber an, der angeblich nach nur fünf Minuten wirken sollte. Für dreißig Euro pro Minute war das ein echtes Schnäppchen – Friedrich war bereit, alles zu unternehmen, um endlich Ruhe zu haben.
Beim Telefonat fragte Astrid nach seinem Namen, Geburtsdatum und sogar der genauen Uhrzeit seiner Geburt. In Minute vier vermutete sie, dass Friedrich eventuell eine wiedergeborene Gelse sein könnte – die Gelsen würden seine Nähe suchen, und die Stiche seien nur neckische Annäherungsversuche. Friedrich war davon wenig begeistert und bestand in Minute fünf auf weiteren Telefonaten, weil er sich sicher war, dass noch mehr Anti-Gelsen-Action nötig war.
Am Ende des Monats – Friedrich war überzeugt, dass die Plage um ein Drittel zurückgegangen war – schlug Astrid vor, dass eine dreistündige telefonische Ansprache direkt an die Gelsen die Lösung sein könnte. Die Hälfte der Gelsen blieb trotzdem, was Friedrich nur mit einem Achselzucken hinnahm. Als seine Frau die Telefonrechnung sah – durch die getrennten Schlafzimmer bekam sie von Friedrichs Gelsen-Exzesse nichts mit – stellte sie ihn sofort zur Rede.
„Astrid hat versucht, die Gelsen zu vertreiben. Eine Expertin…“, erklärte Friedrich wahrheitsgemäß. Seine Frau explodierte: „Welche Astrid?! Hast du den Verstand verloren? 12.000 Euro für eine Gelsen-Zauberin?!“ Drei Wochen später wurden die Scheidungspapiere unterzeichnet. Eine siebenstellige Summe wechselte den Besitzer. Friedrich zahlte zumindest die Telefonrechnung ohne Murren – schließlich glaubte er immer noch an den Gelsen-Erschreckungs-Zauber.
Da Astrid nun telefonisch nichts mehr ausrichten konnte, lud Friedrich sie persönlich zu sich ein. Die Nächte waren bald nicht mehr nur von Gelsen, sondern auch von Liebesgeflüster geprägt. Als Astrid vorschlug, Friedrich solle einfach ein Insektengitter montieren, fuhr er in den Baumarkt und kaufte für sieben Euro ein Schutzgitter. Seitdem störte keine Gelse mehr die Liebesnächte der beiden.
Friedrich stieg übrigens bereits Tage danach auch ins Geschäft des telefonischen Gelsen-Erschreckungs-Zaubers ein. Er tröstete sich nicht nur mit Astrid über die Scheidung hinweg, sondern auch mit der Genugtuung, die Scheidungskosten innerhalb von vier Monaten wieder mit interessanten Telefonaten hereineingespielt zu haben.
Harald, 04. Juli 2025.