Dieser norwegische Elch schwamm direkt auf mich zu, und ich hatte alle Hände voll zu tun, nicht zu kentern“, begann Vorhuber am Jagdstammtisch mit ernster Miene.
„Er rammte das Boot gleich mehrfach, und ich ruderte so schnell ich konnte ans Ufer.“
„Respekt!“, murmelte Unterlichter anerkennend.
Vorhuber beugte sich in die Runde, die aus vierzehn Jagdkameraden bestand, und fuhr fort:
„Am Ufer ging’s erst richtig los. Meine Urlaubsbegleitung entdeckte eine Elchkuh, und ich wusste sofort, was der Elchbulle jetzt vorhatte.“ Er betonte, er wäre nur mit zwei Angelruten bewaffnet gewesen, die er als improvisiertes Geweih benutzte.
„Dieser über zwei Meter hohe Elch kam im typisch gebückten Galopp mit seinem mächtigen Geweih auf mich zu“, steigerte sich Vorhuber weiter hinein.
In seiner Version wich er geschickt aus und versohlte dem Elch mit einer der Angelruten den Hintern. Weitere Runden „Vorhuber gegen Elchbullen“ folgten.
„Am Ende konnte ich ihn sogar mit der Angelschnur an einen Baum festmachen und habe von meinem Jagderfolg ein Foto gemacht – bevor ich ihn nach einer Weile wieder frei ließ.“ Stolz präsentierte er das dazugehörige Handyfoto.
„Hast du dich dann auch mit der Elchkuh gepaart?“, prustete Lukinger los.
„Du Depp! Natürlich nicht!“, konterte Vorhuber, „damit hatte ich ja schon meine Urlaubsbegleitung beeindruckt – den Rest kannst du dir denken!“ Dabei wankte sein Oberkörper leicht, das fünfte Bier wirkte.
„Respekt!“, wiederholte Unterlichter fast ehrfürchtig.
Kurz nach Mitternacht öffnete sich die Tür, und Vorhubers Urlaubsbegleitung – seine neue durchaus attraktive Freundin – tauchte auf. Ihr T-Shirt mit dem großen Elch und dem Aufdruck „Protect our national parks“ fand Vorhuber nicht gerade passend.
„Magst du dich nicht zu uns setzen?“, lud Lukinger sie ein.
Vorhuber wurde kleinlaut, als sie nickte: „Wieso nicht!“
„Hat’s dir die Stimme verschlagen?“, hakte Lukinger nach und bestand darauf, die Elch-Geschichte auch von ihr zu hören.
„Der Elch schwamm direkt auf uns zu, und wir kamen nur mit Mühe ans Ufer“, begann sie.
„Was dann passierte, habe ich anfangs gar nicht mitbekommen – plötzlich hatte etwas an meiner Angel gebissen und zog mich quer über den See.“ Leise erzählte sie weiter:
„Dieser Fisch zerrte mich zwei Stunden lang durchs Wasser, erst dann gab er auf.“
Mit einem Grinsen zeigte sie das Handyfoto eines mächtigen Heilbutts, den sie nach dem Fang wieder zurück ins Wasser setzte.
„Ich sah Hans dann, wie er das Foto mit dem angebundenen Elch machte – das hat mich wirklich beeindruckt“, sagte sie, während sie Lukinger tief in die Augen schaute. „Motiviert von unseren Erfolgen zogen wir uns dann sofort aus und liebten uns dreimal hintereinander“, plauderte sie freizügig mit einigen weiteren Details aus, sehr zum Erstaunen der Runde. Als Vorhuber und seine Freundin später gingen, hörten sie noch Unterlichter im Hintergrund, der laut „Respekt!“ rief.
Lukinger rügte ihn prompt: „Das war doch alles erstunken und erlogen.“
Unterlichter aber entgegnete: „Das glaube ich nicht – nur dass Elche schwimmen können, das ist mir neu.“
Harald, 15. August 2025.