Max und das schwarze Glück

Max war als Jäger… sagen wir mal bemüht. Bei der Hasenjagd kam er regelmäßig ohne Beute zurück, außer einmal – da traf er immerhin einen völlig arglosen Spatz, der gerade nichtsahnend auf einem Zaunpfahl pausierte. Auch seine Jagd auf Rotwild verlief wenig glorreich und endete mit einem Treiber im Krankenhaus. 

Doch all das hinderte Max nicht daran, nach jeder seiner desaströsen Jagdausflüge lautstark zu verkünden:

„Ich bin der Nachfolger Nimrods – ihr werdet euch alle noch wundern!“

„Ha, ja, wundern werden wir uns, wenn du dir als Nächstes nicht selbst in den Fuß schießt“, murmelte Konrad, Schwiegervater-in-spe und erklärter Max-Skeptiker.

„Und trotzdem heirate ich deine Tochter, Konrad!“

„Ich sag da jetzt lieber nicht ‚nur über meine Leiche‘ – schließlich hast du ja schon einen Treiber erwischt“, entgegnete Konrad trocken und schüttelte resigniert den Kopf.

Doch Max ließ nicht locker:

„Ich treffe, wenn ich wirklich will, aus 150 Metern auf eine Zielscheibe von 14 Zentimeter Durchmesser. Immer. Ins Schwarze!“ Konrad, fest davon überzeugt, dass Max mehr Flinte als Ahnung hatte, antwortete spöttisch:

„Wenn ich das erlebe, darfst du Anna heiraten – und ich leg noch ein ordentliches Hochzeitsgeld obendrauf.“

Was Konrad nicht wusste: Max war nicht nur ein Opernliebhaber, sondern auch begeisterter Freischütz-Fan. Und was wäre ein echter Fan ohne stilechtes Kugelgießen bei Vollmond und etwas… nennen wir es mal übernatürliche Hilfe.

Am großen Schießtag trat Max mit stolzgeschwellter Brust an. Bumm! Die erste Kugel durchbohrte das Schwarze. Bumm! Auch der zweite Schuss saß. Bumm! Bumm! Treffer Nummer drei und vier ebenso ohne dass Max eigentlich genau zielte. Konrad verlor langsam die Contenance:

„Betrug! Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu!“

Als der fünfte und sechste Schuss ebenfalls mitten ins Schwarze trafen, wurde es Konrad endgültig unheimlich. Kenntnisreich und leicht panisch hechtete er hinter den Holzschuppen – schließlich wusste jeder, dass die siebte Kugel dem Teufel selbst gehört. Und wer wollte schon das Risiko eingehen, bei einer Schwiegersohnprüfung versehentlich unter die Erde gebracht zu werden?

Max aber blieb ruhig, hob das Gewehr – und drückte ab. Bumm! Er selbst flog dabei rückwärts zu Boden wie vom Blitz getroffen.

„Ha! Ich hab’s gewusst! Schade um ihn – aber mit Teufelswerk ist nicht zu spaßen!“, triumphierte Konrad, der hinter dem Schuppen hervorkam, zufrieden grinste und innerlich schon die Hochzeit absagte. Anna aber stürzte weinend zu Max.

„Was hast du getan, Vater!?“ „Du findest jemanden ande…“, begann Konrad – doch dann unterbrach ihn ein Stöhnen vom Boden.

Max stand auf, klopfte sich den Staub von der Jacke – und grinste.

Konrad drehte sich zur Zielscheibe. Treffer. Wieder mitten ins Schwarze.

„Nicht einmal auf den Teufel ist mehr Verlass! Überall nur mehr unfähiges Pack!“, polterte er wütend – und genau das war wohl sein Fehler. Denn plötzlich stand ein qualmender, finster dreinblickender Typ neben ihm. Und der war nicht von der Jagdaufsicht, soviel war sicher.

„Wer zuletzt lacht, lacht am besten“, sagte Max mit einem Seitenblick auf den zitternden Konrad.

Was dieser nicht wusste – und mit seiner Kurzsichtigkeit auch nicht sehen konnte: Max hatte am Vorabend einen Schuss voraus abgefeuert und das perfekte Loch bereits platziert. Für die restlichen sechs Kugeln reichte sein Talent – und die siebte, die dem Teufel gehört hätte, hatte Max heimlich in den Hochofen seines Arbeitgebers geworfen. Leider lief dort seither nichts mehr richtig.

Max bekam Anna, Konrad wurde vom Teufel persönlich betreut und Max lernte, dass man nicht alles treffen muss, nur die richtigen Dinge im richtigen Moment.

Harald, 05. September 2025.

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