Herbstjagd und Steinpilze: Ein Abenteuer

Die Sonne schien Norbert angenehm ins Gesicht und er konnte förmlich den Herbst in der Luft riechen. Es war ein Sonntag Nachmittag – und das hieß für ihn: Zeit für die alljährliche Herbstjagd. Der frisch gewaschene Range Rover glänzte, das Gewehr war geladen – Norbert auch vor Optimismus und seine Frau hielt sich mit ihren Freundinnen in einem Wellness-Hotel auf. Das war wieder einer der perfekten Momente im Leben!

„Waidmannsheil!“, rief sein Nachbar, als er Norbert in den Wagen steigen sah.

„Waidmannsdank!“, grummelte Norbert, obwohl er das Waidmannsdank immer nur in einem Ton sagte, der eher nach „ich hoffe, keiner hört mich“ klang.

Er raste die Autobahn entlang, bis er bei Wagrain abbog. Doch statt zur Almhütte zu hochzufahren, die der traditionelle Treffpunkt der Jagd war, bog er einfach mal etwas später zur einer Hütte ab – der Vroni-Hütte. „Hallo, Norbert!“, rief Vroni fröhlich, als er ankam. Sie schien kaum überrascht, dass er ihre Gesellschaft der Jagd vorzog.

Vroni reichte ihm einen Teller Kasnockn, die wieder einmal vorzüglich schmeckten. Danach stürzten sie sich in den Wald – nicht etwa auf der Jagd nach Wild, sondern auf Steinpilze, die viel geduldiger waren. Nach einigen Stunden, in denen sie zwei Kilo der edlen Pilze sammelten, fühlte Norbert sich ganz in seiner Mitte.

„Ich glaube, wir könnten mit diesen Steinpilzen ein Restaurant aufmachen“, sagte er zufrieden.

„Oder einen Steinpilz-Instagram-Account“, fügte Vroni hinzu.

Die beiden gaben sich ein High-Five, bevor sie sich zu einer gemütlichen Auszeit auf Vronis Zimmer zurückzogen – und Norbert wusste: Dieser Ausflug hatte wieder mehr gebracht als die letzten zehn Jagdausflüge zusammen. Er verbrachte noch eine Nacht, genoss den Luxus des Nicht-Jagens und fuhr am nächsten Tag heim.

Zu Hause wartete seine Frau bereits, offensichtlich die wahre Königin der „Ich-hab-dich-erwartet-und-bin-schon-informiert“-Haltung.

„Wieder nichts getroffen, oder?“, fragte sie sarkastisch, als er das Haus betrat.

„Leider nein. Die Gämse haben sich jetzt wahrscheinlich auch KI-Sensoren zugelegt, die sie vor Jägern warnen“, sagte Norbert, „aber schau dir mal die schönen Steinpilze an, die ich mitgebracht habe!“

Seine Frau schaute verächtlich auf die Pilze, dann auf Norbert, dann wieder auf die Pilze und meinte nur: „Na, dann gibt’s eben Schweinshaxen.“

Norbert nahm einen Bissen der Schweinshaxen und überlegte, wie er seiner Frau erklären konnte, dass er seit zwei Jahren Vegetarier ist. 

Er kaute angewidert weiter, während er sich fragte, ob er vielleicht doch mit Vroni den Steinpilz-Instagram-Account eröffnen sollte – immerhin wusste er ja jetzt, wie man wirklich jagt.