Bauernherbst Reloaded

Und schon wieder eine Strohfigur!“, platzte es aus Markus heraus, als hätte er einen Heuschnupfen entwickelt.

„Das waren 274 Stunden Arbeit – und das ist also definitiv nicht ,schon wieder eine Strohfigur‘!“, fauchte Michaela, die mit ihren Freundinnen nächtelang durchgebastelt hatte.

„Mehr Action wäre halt mal angebracht“, sinnierte Markus, als wäre er der Regisseur von Fast & Furious in einer Bauernedition.

„Willst du das am Ende anzünden?!“, japste Josef erfreut und verschluckte sich fast an seinem Bier.

„Nein, aber…“, Markus’ Augen glänzten vor Aufregung, „ein Rennen mit einer Strohfigur! Wie im alten Rom!“

Alte Wagenräder wurden schnell aufgetrieben, das Holz knarrte, die Pferde wieherten – und das Herrenteam war überzeugt, den Erfindergeist von Da Vinci in sich zu haben, wobei die Baulust und das Baukönnen eher kindlicher Natur waren. Da sich nur vier Pferde fanden (und zwei davon nicht ganz nüchtern wirkten), mussten je zwei die Kutschen ziehen. Markus und Josef ernannten sich natürlich sofort zu Wagenlenkern mit dem Hinweis, dass es keine Fähigeren geben würde.

Am Sonntagnachmittag, beim großen Auftakt des Bauernherbstes, war es dann soweit: Mit einem „Auf ein faires Rennen“ tankten die beiden Wagenlenker noch einmal ordentlich aus der Bierkrug. Punkt 14.00 Uhr knallte der Startschuss – und die beiden rasten los, als ginge es um alles.

Zuerst Geradeaus: Alles im Griff! Dann die erste Kurve: Markus verlor seine Strohfigur. „Praktisch, weniger Gewicht!“, murmelte er und machte Jagd auf den führenden Josef. Im nächsten Moment bremste er ihn vor der zweiten Kurve aus, die Pferde jedoch hatten andere Pläne. Mit vereinten Kräften beschlossen sie kurzerhand, links abzubiegen – ohne Wagen und deren Lenker, die gerade die abschüssige Strasse Richtung See nahmen.

Die Zuschauer schrien, die Wagenlenker kreischten, und das Schicksal nahm unerbittlich seinen Lauf. Natürlich war es die 274-Stunden-Strohfigur, die die wilde Fahrt kurz vor dem Wasser stoppte. An sich nicht tragisch – wäre da nicht Markus’ lässig im Mundwinkel baumelnde Zigarette gewesen. Und so verwandelte sich die Figur schneller in ein Lagerfeuer, als Josef „Löschen!“ rufen konnte.

Markus und Josef grinsten wie zwei Schulbuben, die versehentlich den Chemieraum gesprengt hatten (und die beiden wussten, wie so etwas aussah). Erst der See löschte den Flammenzauber, und über der Wasseroberfläche schwammen nun verkohlte Strohreste. „Das hat fast etwas Tröstliches“, meinte Markus, was aber die Situation nicht mehr retten konnte.

Seitdem kneten Markus und Josef brav Heu, binden Strohballen – und schwören, dabei keinen Tropfen Alkohol mehr anzurühren. Michaela hingegen hat schon ganz andere Pläne: „Nächstes Jahr brauchen wir mehr Action!“, erklärte sie gestern entschlossen. Die Idee eines Altbauernkalenders mit Markus und Josef – ohne römischen Lendenschurz – war dabei noch die Harmloseste…

Harald, 03. Oktober 2025.

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