I bin a Hirschjog!

Es war ein goldener Herbsttag in der Obersteiermark. Rot-gelbe Blätter tanzten vom Himmel, und die Jagdsaison auf Hirsche war eröffnet – oder wie Sepp es nannte: „I geh auf da Hirschjog!“

Alles lief anfangs wie jedes Jahr ab, sie trafen sich am Waldesrand, zu dem ein kleiner Schotterweg führte, SUVs parkten in Reih und Glied, sie luden die Gewehre und dann konnte es losgehen. Sepp stellte bereits tagsüber ein paar Schilder „Obacht Hirschjog!“ auf. Diesmal waren auch „Zugroaste“ zugelassen und so durften auch die beiden Wiener, die sich schon beim steirischen „Grias di“ schwer taten, zum ersten Mal bei der Jagd dabei sein.

„Na, hobts eh a Gewehr?“, fragte Sepp misstrauisch, was die Beiden entschieden verneinten. Sepp erklärte daher für die Neuen den Ablauf: „De Hiasln tua’n si auf’n Ob’n gern in de Ruan, do wo’s a weng schattig is.“ Die Wiener nickten eifrig, verstanden aber kein Wort und kletterten – aus welchen Gründen auch immer – auf die nächstbesten Bäume.

Eine Stunde später:

Sepp saß auf dem Hochstand und hatte einen prächtigen Hirsch im Visier. Er atmete ruhig durch, legte an und sein Speichelfluss zeigte schon die Vorfreude auf den Braten, als plötzlich ein lauter WUMM! ertönte. Ein Wiener fiel vom Baum – direkt auf den Rücken des Hirsches! Das Tier sprang panisch auf und galoppierte schneller als Sepps Gewehrkugel fliegen konnte los, während der Wiener vor Begeisterung schrie: 

„I bin a Hirschjog!“ 

Sepp schüttelte den Kopf über diese Blödheit und wollte sich weiter der „Hirschjog“ hingeben. 

Zehn Minuten wiederholte sich aber das Schauspiel beim zweiten Hirschen. Es dauerte nicht lange, bis der zweite Wiener sich vom Baum direkt auf das Prachtexemplar warf und wiederum davon galoppierte. Die restliche Jagd verlief dann sehr chaotisch, da die steirischen Hirsche wenig Lust hatten, als Pferde für Exilwiener zu dienen und so bis nach Leoben flüchteten. Als sich alle nach zwei Stunden wieder bei ihren Autos trafen, tauchten die Wiener auf – verdreckt, verschwitzt, aber überglücklich.

„Des hätt‘s euch net träumt, was!“, strahlte der Erste. „Oida, des glaub i jetzt ned – und des beim ersten Moi!“, rief der Zweite begeistert. Allgemeine Ratlosigkeit und Grummeln folgte. Ein zufällig vorbeigehender Salzburger erkundigte sich nach dem Problem, als er die etwas aufgebrachte Jagdgruppe sah. Nach einer kurzen Schilderung meinte er zu den Wienern: „Heast, Burschn – ‘Hirschjog’ is ka ‘Hirschjogging’! Des is a Jagd, ned a Reittreff!“

Beim Wirt hatten sich wieder alle beruhigt. Die Wiener luden als Wiedergutmachung zur „Pflasterhirsch-Jagd“ nach Wien, was im nächsten Jahr im zweiten Bezirk für die Steirer ein sehr befriedigendes Ergebnis brachte.

Harald, 24. Oktober 2025.

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