Gastbeitrag: Wie es kam, dass Herr Emm beinahe einen Volkstribun gestürzt hätte

Zu einer Zeit als Corona schon Schnee vom letzten Jahr war, machte Herr Emm einen Frühlingsspaziergang. Da fiel ihm ein Plakat auf, auf dem zu lesen stand: „Kah und Ha kommen“ „Oha, Hausfrauenporno mit Politprominenz“ dachte sich Herr Emm. Aber zu seiner Erleichterung war es nur eine Ankündigung für den Auftritt des Landesblauen und des Bundesblauen im Bierzelt am Jahrmarkt, und das auch noch am 1. Mai.

Herr Emm nahm auch in diesem Jahr nicht am Maiaufmarsch teil und hatte so Zeit zur freien Verfügung. „Einmal“ dachte sich Herr Emm, „muss man das gesehen haben“ und lenkte seine Schritte zum Ort des lustigen Treibens. Schon von Ferne hörte Herr Emm die Lautsprecher der Jahrmarktsattraktionen. „Das macht Spaß, das macht Vergnügen – Fahrchips an der Kassa lösen! Sechs zum Preis von fünf, acht zum Preis von neun! “ Das Autodrom war trotzdem nur mäßig besucht.

Neben dem Bierzelt, in das (oder dem?) Kah und Ha kommen würden, war ein gigantisches phallisches Gebilde aufgestellt. Menschen wurden im Kreise sitzend daran in die Höhe gezogen, konnten dort die Aussicht genießen und plötzlich fiel das Teil unter dem lauten Gekreische der sensationslüsternen Jugend beinahe im freien Fall zurück gen Erdboden, nur um kurz vor der Katastrophe doch noch abrupt abgebremst zu werden. Herr Emm war von diesem Schauspiel so fasziniert, dass er kurz überlegte ob er wohl einen Fahrchip lösen solle, aber dafür saß sein Geldbeutel doch nicht lose genug. Herr Emm ergötzte sich lieber vom Boden aus an dem Spektakel und hätte darüber fast Hauptattraktion vergessen.

Schnell machte er sich auf den Weg zum Bierzelt. Als Herr Emm ankam war es schon brechend voll und Herr Emm wurde von einem Security-Mitarbeiter, den Herr Emm als ehemaligen Beach-Volleyballspieler erkannte, in breitem Kärntnerisch angesprochen: „Do homa mia nix mehr frei. Muasst ummilaafn zum Fipp-Eingang, oba ohne Einladung werd durtn ah nix gehn. Tipp: Hinta da Kuchl is des Stockerle, wo der Saundmann sei Ähkwippment hod, vun durtn siagt ma lei ganz guad“

Herr Emm nahm den Expertenrat dankend an und machte sich auf den Weg. In der „Kuchl“ füllte man schon Bierkrüge aus Plastik. Durch seinen Standort hinter der Bühne konnte Herr Emm schon Kah und Ha ausmachen, die auf ihr Kommen warteten. Eine Kellnerin brachte zwei Bierkrüge, Hah nahm seinen dankend an, aber Kah schimpft sogleich „Das ist aber nicht mein Spezialkrug“

„Tut mir leid, Steinkrüge sind verboten“

„Ich versprechen Ihnen, holde Bierträgerin, ich werde den Krug nicht schmeißen, Schmisse sind eh genug da, ha, ha, ha“ meinte Kah jetzt zuckersüß, und als ihr der Polizist am Bühneneingang auch noch zustimmend zunickte, gab sie klein (sic!) bei und reichte Kah seinen Spezialkrug.

„Weißt, Ha,“ wandte der sich an seinen Kumpanen „is eh nur ein Seidl, aber bei mir schaut er aus wie a Halbe. Mir, als Philosoph, geht die ganze Biersauferei sowieso am Zaaga, drum lass ich mir jetzt von der Kellnerin mein Spezialkrügerl mit Dom Perignon füllen, sieht ja keiner.“

Doch Kah hatte nicht mit Herrn Emms Geistesgegenwart gerechnet, der blitzschnell sein Mobiltelefon gezückt hatte, und damit die Champagnerfüllung mitfilmte. Schon donnerte es aus den Lautsprechern: „Begrüßen Sie mit mir, Ma Ha“ Applaus und Ha betritt das Podium „und HA KAH“ donnernder Applaus und Kah schwingt sich, Spezialkrug schwingend, neben Ha aufs Podium.

Ha durfte 20 Minuten zu seinen Anhängern sprechen, aber dann wurden die schon unruhig und wollten Kah hören und so kam Ha zum Schluss und räumte die Bühne für Kah.

Kah schoss die üblichen Spitzen gegen alles und jeden ab und Herr Emm überlegte was er mit dem Videomaterial wohl machen könne. TicDoch oder U-Dude fielen ihm ein, aber da er da wie dort null Follower hatte, verwarf er den Gedanken wieder. Herr Emm fiel auf, dass der Saundmann häufig sein Ähkwippment unbeaufsichtigt ließ, um mit der Kellnerin anzubandeln, und so fasste Herr Emm einen Entschluss. Schnell verschaffte er sich einen Überblick über das Layout des Mischpults und wirklich gab es einen Slot für Speicherkarte beschriftet mit VID-In. Gedacht, getan, Herr Emm nahm die Speicherkarte aus seinem Handy und als sich der Saundmann wieder davonmachte näherte sich Herr Emm rasch dessen Ähkwippment.

Aus den Lautsprechern dröhnte grade Kahs Stimme: „… der Wind of Change nämlich, der wird mich zum Volkstribun blasen!“

„Volkstribun – dir werd‘ ich zeigen, Bier predigen und Champagner saufen!“, dachte Herr Emm und zückte die Speicherkarte

„Lei schauen, nix ontatschn“, tönte es direkt hinter Herrn Emm.

So kam es, dass Herr Emm beinahe einen Volkstribun zu Fall gebracht hätte.

© Martin Siegel im Juni 2023

Namen, Orte und Handlung sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist zufällig und unbeabsichtigt.

Ich bedanke mich herzlich bei Antonio Fian für die leihweise, ungefragte Zurverfügungstellung eines ehemaligen Beach-Volleyballspielers.

2 Kommentare zu „Gastbeitrag: Wie es kam, dass Herr Emm beinahe einen Volkstribun gestürzt hätte

  1. Ah, endlich wieder Neues von Herrn Emm, ich hatte schon vermutet, er wäre auf Ibiza verschollen.
    „8 zum Preis von 9“, 😂😂sehr geschäftstüchtig!
    Schade, dass es nicht geklappt hat, aber die österreichische Politik ist wohl inzwischen ziemlich vorsichtig mit Videoaufnahmen…

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