Leopold steigt zögernd über die rote Treppe in das Gewölbe hinab. Er will es nicht schon wieder tun. Immerhin, er kostet. Bäh, keine Spur eines Gummibärengeschmacks! Trotz mehrmaliger intensiver Urgenz scheint sich die bekannte Brauerei vehement zu wehren, die gewünschte Zutat beizumischen. Leopold hasst aufgrund seines fortgeschrittenen Alters den bitteren Abgang. Was sollte er tun? Den Laden einfach kaufen? Nein, der Eigentümer ist ein unverbesserlicher Sturkopf, der auch noch an so etwas wie Natur glaubt. Leopold weiß sich nicht anders zu helfen, er greift zur Dose und öffnet sie. In einem unbemerkten Moment kippt er den Inhalt in sein Bierglas. Er nimmt einen ersten Schluck. Ahh, geht doch! Diesmal hat ihn jedoch die sympathische zweite Gattin des Brauereibesitzers beobachtet. Sie verpfeift ihn prompt bei den hauseigenen Reinheitswächtern. Keine Minute später befindet er sich bereits zwischen zwei stämmigen Herren, die ihn unverzüglich Richtung Läuterbottich zerren. „Aha, ein Wiederholungstäter!“, ruft der routinierte Bierschnellrichter und spricht sein Urteil: „Neunzig Minuten Baden bei 38 Grad Stammwürze!“ Sie ziehen ihn bis auf die Unterhose aus. Verdammt, denkt Leopold, seine Haut würde in dem warmen Gebräu wieder rot werden wie der Hintern eines Pavians. Hätte er sich doch lieber im Vereinshaus seines Fußballclubs das Spiel angesehen. Neunzig Minuten später ist er sich seiner Sache nicht mehr ganz so sicher, seine Mannschaft hat im Cup gegen Niederwiesenbrunn verloren, unverständlicherweise, hatte er ihnen doch eingebläut: „Elf Dosen müsst ihr sein!“.
© Harald, Michael, Live aus Wildshut am 24.10.2018