Das abgelegene Bierdorf Hopfenbach an der Gerstl, das 1000 Jahre zuvor vom durchreisenden Kreuzritter Würzbold dem Trinkfesten gegründet worden war, plante zum Jubiläum eine große Festlichkeit, in deren Rahmen die Naturbiertradition des Ortes würdig gefeiert werden sollte. Man engagierte einen bekannten volkstümlichen Rock’n’Roller für ein Konzert und einigte sich darauf, dass aus den Reihen der Einheimischen im Rahmen eines Schönheitswettbewerbs ein Naturdoldenhopfenkönig und eine Naturdoldenhopfenkönigin gekürt werden sollten. Die Jury für die Kür des Hopfenkönigs wurde aus der Mitte der Goldhaubenfrauen gestellt. Bei der Auswahl der Juroren für die Königin spießte es sich allerdings ein wenig. Der Bürgermeister und der Feuerwehrkommandant sagten zwar sofort zu, weitere Kandidaten lehnten aber dankend ab, weil niemand es sich mit der holden Weiblichkeit im Dorf verscherzen wollte. So fragte man schließlich den Pfarrer, der im Dorf als äußerst bieraffin bekannt war, ob nicht er sich zur Verfügung stellen wolle. Der Pfarrer druckste zwar ein wenig herum, ließ sich aber am Ende doch überreden und holte telefonisch beim Dekanat die Erlaubnis für seine Teilnahme ein. Das Fest begann. Man hatte ein riesiges Bierzelt aufgestellt, in dem der Rock’n’Roller schnell für ausgelassene Stimmung sorgte. Herzerwärmende Lieder gab er zum besten, in denen auch von einem eisernen Kreuz auf einem Berggipfel die Rede war. Er sang von Manderln und Weiberln, die aufeinander standen und hüpfte auf der Bühne hin und her und krümmte sich manchmal wie ein Haken, als ob er es selbst im Kreuz hätte. Aber es war alles ein Spiel und diente nur der Unterhaltung. Das Bier floß in Strömen. Als dann noch im Gesang die Italiener, die Deutschen und die Japaner als die größten Motorradhersteller gelobt wurden, war die Stimmung auf dem Höhepunkt. Es war der richtige Moment für die Wahl der Naturdoldenhopfenkönigin. Der Bürgermeister, der Feuerwehrkommandant und der Pfarrer nahmen am Jurytisch auf der Bühne Platz und bald schon zeigten die Damen aus dem Dorf im Bikini ihre Reize. Der Bürgermeister und der Feuerwehrkommandant waren sich in ihrer Beurteilung jedesmal einig, nur der Pfarrer rutschte mit hochrotem Kopf auf seinem Stuhl herum und sagte, dass er sich überhaupt nicht entscheiden könne. Er müsse sich eine Auszeit nehmen. Der Rock’n’Roller erklärte sich spontan bereit, anstelle des Pfarrers die Beurteilung der Weiberln zu übernehmen. Adelheid die I. wurde einstimmig zur Naturdoldenhopfenkönigin gekürt. Nun waren die Herren an der Reihe. Die Goldhaubenfrauen betraten die Bühne. Gerade als die ersten Herren in Badehosen schon ungeduldig auf das kleine Treppchen stiegen, meldete sich der Pfarrer zu Wort und erklärte, dass seine Auszeit nun schon wieder vorüber sei. Er wolle in der Jury wieder mitmachen, wenn es recht sei. Er nahm seinen Platz auf der Bühne wieder ein. Man stülpte ihm noch rasch eine Goldhaube auf den Kopf. Staunend nahm das Publikum wahr, wie der zuerst so ratlose Geistliche nun aufblühte und mit welch ausgesuchten Begriffen er die offensichtlichen und verborgenen Schönheiten der präsentierten Männerkörper pries. Unter seiner Führung wählten die Goldhaubenfrauen den Brauerlehrling Isidor zum Naturdoldenhopfenkönig. Zum Abschluss intonierte der Rock’n’Roller die Bundeshymne. Obwohl er die Weiberln im Text wegließ, wussten alle Anwesenden, dass sie mit den Söhnen mit gemeint waren. Die Dorfbewohner waren sich einig, dass dieses Fest sie anspornen würde für die nächsten 1000 Jahre.
Michael, 2. März 2019
Lieber Michael,
Eine kleine Ungenauigkeit in der Geschichte: einmal heißt es Naturhopfendoldenkönigin und weiter unten Naturdoldenhopfenkönigin.
LG P
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