Die Lokalbahn kam um 2.32 in Bürmoos bei Salzburg an. Lisa war gut gelaunt und durch den Alkoholkonsum – wenn auch nur moderat – beeinträchtigt. Sieben Personen, darunter ein merkwürdiger Typ um die 40, stiegen aus der Lokalbahn aus und verstreuten sich in allen Richtungen. Nach einer Minute war keine Person mehr zu sehen, die Schritte verhallt. Sie hörte nur mehr das Aufprallen der eigenen Schuhsohlen. Der Nachhauseweg war in gut 15 Minuten leicht zu bewerkstelligen, ging sie doch schon oft nächstens durch die Siedlung. Die ersten elf Minuten waren unspektakulär, sie ging am Gehsteig entlang und genoss die Stille. Lächelnd dachte sie an die Stunden zuvor und sie freute sich auf ihr Bett. Ihre Gedanken würden jäh durch Schritte unterbrochen. Eindeutig, Schritte hinter ihr, sie kamen hörbar näher. Sie drehte sich fast schon kampfbereit um, sah aber niemanden. Stille. Langsam ging sie wieder los, keine zwei Sekunden später wieder diese Schritte, noch schneller. Sie begann zu laufen, ohne sich umzudrehen. Sie war nach dreißig Sekunden bereits völlig außer Atem, die Schuhe machten es auch nicht einfacher. „Zu jung, zu jung“, dachte sie, „zu jung zu sterben!“. Sie versuchte an Tempo zuzulegen. Aus einiger Entfernung heulte jetzt auch noch ein Hund. Die ganze Stimmung wurde immer unheimlicher. Sie glaubte Stimmen zu vernehmen, sie schrie oder schrie jemand? Stimmen in ihrem Kopf, nah am Wahnsinn. Ohne sich umzudrehen kam sie an der Haustür an. Völlig zittrig versuchte sie die Tür zu öffnen, zweimal fiel ihr der Schlüssel aus der Hand. Wieder diese Stimmen, Geschrei, als der Schlüssel steckte, drehte sie schnell zweimal um, öffnete die Tür und knallte sie sofort wieder zu. Diesmal konnte sie beim ersten Versuch zusperren. Sofort suchte sie ihr Bett auf, sie zog sich nicht einmal aus, sondern die Decke über den Kopf. Sie war außer sich, keine Beruhigung in Sicht. „Ahahahahaha“, hörte sie, als er zu singen begann: „It’s close to midnight, Something evil’s lurking from the dark, Under the moonlight….“. Warum sang Michael Jackson in ihrem Schlafzimmer, fragte sie sich nur kurz. Als sie sich an ihr Ohr griff, war ihr klar, dass sie die Kopfhörer noch drinnen hatte und seit fast sechs Minuten das Youtube-Video von „Thriller“ lief….
Harald, 25. Oktober 2019