Tagsüber ist die Parkbank noch immer gut besucht, trotz Digitalisierung und Social Media. Meist wird Zeitung gelesen, das Mobiltelefon durchsucht und die vorbeigehenden Passanten einer Begutachtung unterzogen. Aber nachts, nachts kommen die echten Philosophen, die Obdachlosen, die Gestrandeten, die Traumtänzer, Taugenichtse, sprich die echten Macher. Den tagsüber Lebenden ist deren Bedeutung nicht auch nur annähernd klar, glauben doch wirklich, dass sie die Welt bewegen würden. Nachts wird alles geordnet, wird erst spürbar lebendig. Nachts erlebt die Parkbank aufregende Dinge, Liebende, die sich nicht nur flüchtig wie tagsüber küssen, die Zeitung Schnee von gestern oder die Decke der Gegenwart. Rotwein in einer 2 Liter – Flasche leistet Gesellschaft, am Ende tanzend auf der Parkbank, Momente des Glücks. Die wirklich Torkelnden sind aber nur tagsüber unterwegs, eigentlich paradox. Die Nacht auf der Parkbank ist der wahre Tag, so ein weiser Bekannter. Heute ist der Mann, den sie Philosoph nannten, erst spät bei der Parkbank angekommen. Zuhause konnte er nicht schlafen, die Parkbank die Rettung. Er war mit einem Notizblock und einem Bleistift, dessen oberes Ende abgekaut war, erschienen. Eifrig machte er Notizen, wollte es noch einmal wissen. Fortgeschrittenes Alter, vieles geschafft und trotzdem, nein folglich immer noch suchend. Eine Begabung, eine Gnade, die selten vorkommt. Die Texte, eine Hommage an das Leben, an das Glück, an die Abgründe. Vor 30 Jahren glaubte ein Nachtschwärmer zu erkennen, dass der Philosoph auf der Parkbank schweben würde, unvorstellbarer als über einen See zu gehen. Absurd, nicht für unseren Philosophen. Er machte daraus einen Text. Die wahre Parkbank würde sich im Kopf befinden und wäre sie nicht im Kopf, so wäre sie nirgendwo. Das mit der Parkbank schien im bereits auf der darauffolgenden Nacht nicht stimmig genug, so wurde aus der Parkbank wieder das Abenteuer. Heute wird er wieder singen, über Wiener Judenkinder und Papirossi, ein kaum gebräuchliches Tabakerzeugnis. Die Nacht geht zu Ende, es wird Gottseidank wieder Heller. Chapeau, André.
Harald. 23. November 2019.