(Fortsetzung von „Mangel“)
August Wulst, der im Streit seinen ihm verhassten Nachbarn Wampeck mit einer Kaltmangel totgemangelt hatte, bemühte sich zusammen mit Wampecks Witwe Elvira, die auf seiner, Wulsts, Seite war, mitten in der Nacht um eine diskrete Entsorgung der Leiche, die zwar platt war wie eine Flunder, aber aufgrund der großen Fläche, die sie als Folge des gewaltsamen Gemangeltwordenseins einnahm, für einen Transport in einer herkömmlichen Limousine ungeeignet schien. Elvira, die sich in Wulsts Garage überall umgesehen hatte, schlug vor, die sterblichen Überreste ihres Gatten zwischen den beiden Hälften einer Tischtennisplatte zu fixieren, diese auf Wulsts Pick-Up zu hieven und den solcherart wie ein riesiges Sandwich getarnten Leichnam irgendwo draußen in der Natur an einer wenig frequentierten Stelle abzukippen. August Wulst, der der Idee zunächst skeptisch gegenüberstand, vermaß schließlich doch seinen toten Widersacher und die Hälften der Tischtennisplatte, verglich die Ergebnisse und stimmte dann zu. Gemeinsam setzten sie ihr Vorhaben in die Tat um und umwickelten ihr Konstrukt am Ende mit Kordeln, damit die Fläche Leiche beim Transport nicht irrtümlich herausrutschte. Sie wuchteten den toten Wampeck auf die Ladefläche von Wulsts Pick-Up und fuhren noch im Schutz der Dunkelheit los. Elvira kannte ein kleines Wäldchen in Favoriten. Als August in der frühen Morgendämmerung am Verteilerkreis die Baumaschinen entdeckte, hatte er plötzlich eine Idee. Als sie im Schrittempo eine Stelle passierten, deren Asphaltierung unmittelbar bevorstand, fuhr er rechts von der geschotterten Fahrbahn ab und parkte den Pick-Up am Straßenrand. Er trieb Elvira zur Eile an. Gemeinsam hoben sie die Platten mit dem toten Wampeck von der Ladefläche und lösten die Verschnürungen. Während Elvira dem Fahrer der herannahenden Straßenwalze genau im richtigen Augenblick schöne Augen machte und ihn so ablenkte, kippte August den platten toten Wampeck auf die Fahrbahn und ließ ihn von der Walze überrollen. Wie vereinbart stimmte Elvira ein großes Wehklagen an, während August wild mit den Armen gestikulierte und den Fahrer der Walze dazu brachte, dass er seine Maschine anhielt. August fragte den Fahrer, ob er denn keine Augen im Kopf habe. Er hätte soeben mit seiner Walze einen Mann überfahren. Elvira trat wie vorher besprochen hinzu und bekräftigte Augusts Anschuldigung. Der Lenker der Walze erklärte, dass er derlei für unmöglich halte. Er wolle aber nachsehen. Er sprang von der Maschine und schlug entsetzt die Hände über dem Kopf zusammen, als er in dem Kiesbett den toten Wampeck entdeckte, der nun schon so flach war, dass er eine Fläche bedeckte, die für einen kompletten Zebrastreifen gereicht hätte. Elvira tat so, als ob sie eben erst entdeckt hätte, dass es dich bei dem Toten um ihren Ehemann handelte. Sie herrschte den Walzenfahrer an, dass er einen Krankenwagen riefe, ehe es zu spät sei. Der verdatterte Fahrer gehorchte ohne nachzudenken. Die Besatzung des Krankenwagens, zu der auch ein Notarzt gehörte, konnte naturgemäß nur noch Wampecks Tod bestätigen. Elvira und August Wulst sagten später vor Gericht übereinstimmend aus, dass der Fahrer der Walze aus lauter Unachtsamkeit den armen Wampeck überfahren und totgewalzt hätte. Aufgrund vorherigen seiner Unbescholtenheit und seiner aufrichtigen Reue kam der Fahrer mit einer bedingten Haftstrafe sowie einer Geldbuße davon. Elvira und August heirateten wenige Wochen nach Wampecks Beerdigung. Nachdem August die Biervorräte seines von ihm zu Tode gebrachten Nachbarn ausgetrunken hatte, stand er seinem Opfer in puncto Bierwampe in nichts mehr nach, was Elvira insgeheim doch ein wenig wurmte.
Michael, 05. Juni 2020.
Das nennt man Triumph auf ganzer Linie: erst den Nachbarn platt gemangelt, dann seine Frau geheiratet und dann auch noch seinen Biervorrat ausgetrunken! Herrlich!
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