Sophie und Finn Utrecht waren vor einigen Jahren von Holland nach Österreich, genauer gesagt ins Trumer Seengebiet, gezogen. Eine mondäne Villa wurde ihre neue Heimat, 450 m2 Wohnfläche mit direktem Seezugang. Als kleines Eingeständnis an seine Frau mussten sowohl die Schwiegereltern als auch der als etwas schwierig zu bezeichnende Sohn einziehen. Er hätte viel lieber die Wohnfläche für sich und seine Frau gehabt, Motto Ruhe und Entspannung am See. Seine Frau meinte damals, dass der Sohn mit spätestens 25 ausziehen würde und die Schwiegereltern sich bald nach einer neuen Bleibe umschauen würden. Aber auch jetzt war noch alles wie gehabt, der Sohn mittlerweile fast 30, die noch rüstige Schwiegermutter nutzte im Sommer den Seezugang täglich, vom Suchen einer neuen Immobilie keine Spur. Der Schwiegervater war auf die Pflege einer rumänischen Hilfskraft angewiesen, wobei aber die Gesellschaft einer jungen Dame eher im Vordergrund stand als gesundheitliche Beeinträchtigungen. Finn musste zumindest nicht für die Kosten aufkommen. Als kleine Krönung war auch noch die hochschwangere Lebensgefährtin des Sohnes vor drei Monaten eingezogen, da sie der See so beruhigen würde. Er hingegen war mehr als genervt, da er mit seiner Frau auf 150 m2 leben musste, was nicht seinen Vorstellungen entsprach. Fast jeden Tag brach Streit unter den Beteiligten aus und oft wurde daraufhin kein Wort mehr gesprochen. Seine Unternehmensberatung florierte zum Glück auch in Österreich prächtig und das neu gebaute Bootshaus konnte mit einem imposanten Elektroboot bestückt werden, was ihn über die missliche Lage etwas hinweg getröstet hatte. Die ganze Woche freute er sich weiters bereits auf Mittwoch, jener Abend, an dem seine Frau sich mit einigen Freundinnen beim Wirt im Ort treffen würde. Er hatte seit drei Monaten eine Geliebte, die ihn von den engen Wohnverhältnissen und dem unguten Klima etwas ablenken würde. Er startete das Boot um 22.30 Uhr, seine Frau hatte den 911er genommen, um die Angebetete beim Steg am anderen Ufer abzuholen. Sie konnten sich dann auf der 14-Meter-Yacht im schön eingerichteten Innenraum, eine weiße, große Couch war das Highlight, bestens amüsieren. Eine Viertelstunde später war die Geliebte an Bord und er steuerte die Mitte des Sees an. Nach Abstellen des Motors beschlossen die Beiden, ihre Gelüste gleich an der Reling auszuleben. Das aufziehende Gewitter fand keine Aufmerksamkeit. Auch als der Wind bereits relativ frisch über Bord hinwegfegte, empfand das Liebespaar die Kühlung noch als durchwegs angenehm. Als jedoch der erste Blitz im See einschlug, der dort eine mächtige Lautstärke entfaltete, schrie die Geliebte lauthals auf, weil der Blitzeinschlag mit einem weiteren durchaus angenehmeren Ereignis ungewöhnlich zusammenfiel. Die ansässige Wasserrettung saß beim Seewirt und nahm den Schrei als Hilferuf war. Zwei Minuten später saßen drei Mann an Bord des Einsatzschiffes, um der vermeintlich in Not geratenen Frau zu helfen. Finn hörte das Boot bereits kommen, ging mit schwachen Beinen zum Steuerrad aus Mahagoni-Holz und startete sein Boot unverzüglich. Er schaltete kein Licht ein und unbekleidet fuhren die Beiden in hoher Geschwindigkeit Richtung Schilfgürtel. Die Wasserrettung nahm die Verfolgung auf, um Nachschau zu halten, ob jemand Hilfe benötigen würde. Auf Erklärungen wollten die Beiden aber aus gutem Grund verzichten. Er wendete folglich scharf backbord, stellte den Motor ab und das Boot kam im Schilfgürtel zum Stehen. Die Wasserrettung fuhr langsam am Ufer entlang und leuchtete mit einer Taschenlampe das Schilf aus. Kurz bevor die Männer der Wasserrettung das Boot entdecken konnte, fuhr er mit hoher Geschwindigkeit aus dem Schilfgürtel und steuerte sein Bootshaus an. Sie waren deutlich schneller als die etwas verdutzte Wasserrettung und diese würde hoffentlich die Verfolgung bald aufgeben. Durch das mehrmalige Zurückschauen hatte er die Geschwindigkeit falsch eingeschätzt und er durchbrach mit dem Boot die Rückwand des Bootshauses, was den Schrei einer weiteren, jüngeren Frau auslöste. Sein unseliger Sohn hatte sich im Bootshaus mit einer blonden Studentin vergnügt, zum Glück wurde keiner verletzt. Alle Beteiligten suchten ihre Kleider und waren beim Eintreffen der Wasserrettung zumindest angezogen. Den Schrei einer oder mehrerer Frauen hätte niemand vernommen, aber die beiden anwesenden Frauen würden gerne an das andere Ufer gebracht werden und das eigene Boot befände sich wie die drei Männer der Wasserrettung wohl sehen konnten gerade zur Wartung im Garten. Die Wasserrettung bot sich als Helfer an und brachte Beide nach Übergabe eines Zweihundert-Euroscheins an die gewünschte Anlegestelle ohne weitere Fragen zu stellen. Zufrieden gingen Sohn und Vater zum Haupthaus zurück, als sie aufgrund eines Geräusches im Busch laut aufschrieen. Hervor kam der unbekleidete Schwiegervater samt Pflegerin. Was Vater und Sohn um Himmels willen mitten in der Nacht im Garten machten, wollte der Schwiegervater wissen. Sie antworteten, dass wohl alle hier Anwesenden einem ähnlichen Hobby nachgehen würden. Nachdem der Schwiegervater wieder im Pyjama war und von der Pflegerin gestützt wurde, gingen sie Richtung Eingang. Möglichst leise gingen sie an der Hausfassade entlang, um keine schlafenden Hunde zu wecken. Da hörten sie den 911er. Sie rannten wie vom Teufel besessen, selbst der Schwiegervater konnte dank der Pflegerin ein beachtliches Tempo vorlegen, um möglichst schnell ins Haus zu gelangen. Kurz vor der Eingangstür wurden sie vom Scheinwerfer des 911er geblendet. Erstarrt blieben sie stehen, als die Eingangstür aufging und die hochschwangere Lebensgefährtin und die Schwiegermutter herauskamen. Aus dem Auto stieg Sophie. Alle Drei standen nun vor ihnen und fragten, was denn hier zum Teufel los wäre. Der Sohn antwortete, dass wohl der Blitz im Bootshaus eingeschlagen hätte. Der Vater bestätigte die Wucht, weil sogar das arg beschädigte Boot jetzt im Garten stehen würde. Der Schwiegervater wäre zufällig gerade bei einem Busch im Garten ausgetreten und konnte das Malheur aus nächster Nähe direkt beobachten. Alle waren sie sich einig, dass der Blitz viel schlimmeres Unheil hätte anrichten können und es gar Tote hätte geben können. Beim Frühstück hatten sich alle bereits wieder von den nächtlichen Vorkommnissen erholt. Der Sohn tüfftelte am Neuaufbau des Bootshauses, ein geräumiger Wohnraum für alle Fälle inklusive, der Vater blätterte auf den Internetseiten eines Yachtherstellers, 17 m, 3 Kabinen, Vollausstattung. Selbst der Schwiegervater hatte neue Lebensgeister entdeckt und wollte plötzlich eine geräumige Gartenlaube errichten lassen, um aufgrund seines Schnarchens zumindest im Sommer die Ohren seiner Frau zu schonen. Alle Drei unterhielten sich prächtig, lachten, scherzten und verstanden sich seit diesen Vorkommnissen bestens. Die Frauen wunderten sich über das traute, unaufgeregte Zusammensein und konnten sich nie ganz erklären, wie ein einziger Blitzeinschlag alles zum Positiven verändern konnte.Sophie und Finn Utrecht waren vor einigen Jahren von Holland nach Österreich, genauer gesagt ins Trumer Seengebiet, gezogen. Eine mondäne Villa wurde ihre neue Heimat, 450 m2 Wohnfläche mit direktem Seezugang. Als kleines Eingeständnis an seine Frau mussten sowohl die Schwiegereltern als auch der als etwas schwierig zu bezeichnende Sohn einziehen. Er hätte viel lieber die Wohnfläche für sich und seine Frau gehabt, Motto Ruhe und Entspannung am See. Seine Frau meinte damals, dass der Sohn mit spätestens 25 ausziehen würde und die Schwiegereltern sich bald nach einer neuen Bleibe umschauen würden. Aber auch jetzt war noch alles wie gehabt, der Sohn mittlerweile fast 30, die noch rüstige Schwiegermutter nutzte im Sommer den Seezugang täglich, vom Suchen einer neuen Immobilie keine Spur. Der Schwiegervater war auf die Pflege einer rumänischen Hilfskraft angewiesen, wobei aber die Gesellschaft einer jungen Dame eher im Vordergrund stand als gesundheitliche Beeinträchtigungen. Finn musste zumindest nicht für die Kosten aufkommen. Als kleine Krönung war auch noch die hochschwangere Lebensgefährtin des Sohnes vor drei Monaten eingezogen, da sie der See so beruhigen würde. Er hingegen war mehr als genervt, da er mit seiner Frau auf 150 m2 leben musste, was nicht seinen Vorstellungen entsprach. Fast jeden Tag brach Streit unter den Beteiligten aus und oft wurde daraufhin kein Wort mehr gesprochen. Seine Unternehmensberatung florierte zum Glück auch in Österreich prächtig und das neu gebaute Bootshaus konnte mit einem imposanten Elektroboot bestückt werden, was ihn über die missliche Lage etwas hinweg getröstet hatte. Die ganze Woche freute er sich weiters bereits auf Mittwoch, jener Abend, an dem seine Frau sich mit einigen Freundinnen beim Wirt im Ort treffen würde. Er hatte seit drei Monaten eine Geliebte, die ihn von den engen Wohnverhältnissen und dem unguten Klima etwas ablenken würde. Er startete das Boot um 22.30 Uhr, seine Frau hatte den 911er genommen, um die Angebetete beim Steg am anderen Ufer abzuholen. Sie konnten sich dann auf der 14-Meter-Yacht im schön eingerichteten Innenraum, eine weiße, große Couch war das Highlight, bestens amüsieren. Eine Viertelstunde später war die Geliebte an Bord und er steuerte die Mitte des Sees an. Nach Abstellen des Motors beschlossen die Beiden, ihre Gelüste gleich an der Reling auszuleben. Das aufziehende Gewitter fand keine Aufmerksamkeit. Auch als der Wind bereits relativ frisch über Bord hinwegfegte, empfand das Liebespaar die Kühlung noch als durchwegs angenehm. Als jedoch der erste Blitz im See einschlug, der dort eine mächtige Lautstärke entfaltete, schrie die Geliebte lauthals auf, weil der Blitzeinschlag mit einem weiteren durchaus angenehmeren Ereignis ungewöhnlich zusammenfiel. Die ansässige Wasserrettung saß beim Seewirt und nahm den Schrei als Hilferuf war. Zwei Minuten später saßen drei Mann an Bord des Einsatzschiffes, um der vermeintlich in Not geratenen Frau zu helfen. Finn hörte das Boot bereits kommen, ging mit schwachen Beinen zum Steuerrad aus Mahagoni-Holz und startete sein Boot unverzüglich. Er schaltete kein Licht ein und unbekleidet fuhren die Beiden in hoher Geschwindigkeit Richtung Schilfgürtel. Die Wasserrettung nahm die Verfolgung auf, um Nachschau zu halten, ob jemand Hilfe benötigen würde. Auf Erklärungen wollten die Beiden aber aus gutem Grund verzichten. Er wendete folglich scharf backbord, stellte den Motor ab und das Boot kam im Schilfgürtel zum Stehen. Die Wasserrettung fuhr langsam am Ufer entlang und leuchtete mit einer Taschenlampe das Schilf aus. Kurz bevor die Männer der Wasserrettung das Boot entdecken konnte, fuhr er mit hoher Geschwindigkeit aus dem Schilfgürtel und steuerte sein Bootshaus an. Sie waren deutlich schneller als die etwas verdutzte Wasserrettung und diese würde hoffentlich die Verfolgung bald aufgeben. Durch das mehrmalige Zurückschauen hatte er die Geschwindigkeit falsch eingeschätzt und er durchbrach mit dem Boot die Rückwand des Bootshauses, was den Schrei einer weiteren, jüngeren Frau auslöste. Sein unseliger Sohn hatte sich im Bootshaus mit einer blonden Studentin vergnügt, zum Glück wurde keiner verletzt. Alle Beteiligten suchten ihre Kleider und waren beim Eintreffen der Wasserrettung zumindest angezogen. Den Schrei einer oder mehrerer Frauen hätte niemand vernommen, aber die beiden anwesenden Frauen würden gerne an das andere Ufer gebracht werden und das eigene Boot befände sich wie die drei Männer der Wasserrettung wohl sehen konnten gerade zur Wartung im Garten. Die Wasserrettung bot sich als Helfer an und brachte Beide nach Übergabe eines Zweihundert-Euroscheins an die gewünschte Anlegestelle ohne weitere Fragen zu stellen. Zufrieden gingen Sohn und Vater zum Haupthaus zurück, als sie aufgrund eines Geräusches im Busch laut aufschrieen. Hervor kam der unbekleidete Schwiegervater samt Pflegerin. Was Vater und Sohn um Himmels willen mitten in der Nacht im Garten machten, wollte der Schwiegervater wissen. Sie antworteten, dass wohl alle hier Anwesenden einem ähnlichen Hobby nachgehen würden. Nachdem der Schwiegervater wieder im Pyjama war und von der Pflegerin gestützt wurde, gingen sie Richtung Eingang. Möglichst leise gingen sie an der Hausfassade entlang, um keine schlafenden Hunde zu wecken. Da hörten sie den 911er. Sie rannten wie vom Teufel besessen, selbst der Schwiegervater konnte dank der Pflegerin ein beachtliches Tempo vorlegen, um möglichst schnell ins Haus zu gelangen. Kurz vor der Eingangstür wurden sie vom Scheinwerfer des 911er geblendet. Erstarrt blieben sie stehen, als die Eingangstür aufging und die hochschwangere Lebensgefährtin und die Schwiegermutter herauskamen. Aus dem Auto stieg Sophie. Alle Drei standen nun vor ihnen und fragten, was denn hier zum Teufel los wäre. Der Sohn antwortete, dass wohl der Blitz im Bootshaus eingeschlagen hätte. Der Vater bestätigte die Wucht, weil sogar das arg beschädigte Boot jetzt im Garten stehen würde. Der Schwiegervater wäre zufällig gerade bei einem Busch im Garten ausgetreten und konnte das Malheur aus nächster Nähe direkt beobachten. Alle waren sie sich einig, dass der Blitz viel schlimmeres Unheil hätte anrichten können und es gar Tote hätte geben können. Beim Frühstück hatten sich alle bereits wieder von den nächtlichen Vorkommnissen erholt. Der Sohn tüfftelte am Neuaufbau des Bootshauses, ein geräumiger Wohnraum für alle Fälle inklusive, der Vater blätterte auf den Internetseiten eines Yachtherstellers, 17 m, 3 Kabinen, Vollausstattung. Selbst der Schwiegervater hatte neue Lebensgeister entdeckt und wollte plötzlich eine geräumige Gartenlaube errichten lassen, um aufgrund seines Schnarchens zumindest im Sommer die Ohren seiner Frau zu schonen. Alle Drei unterhielten sich prächtig, lachten, scherzten und verstanden sich seit diesen Vorkommnissen bestens. Die Frauen wunderten sich über das traute, unaufgeregte Zusammensein und konnten sich nie ganz erklären, wie ein einziger Blitzeinschlag alles zum Positiven verändern konnte.
Harald, 17. Juli 2020