Fetzendeppert sind sie, die anderen natürlich, polarisieren würden sie, wieder die anderen. Verordnungen, die wenige Stunden vor Inkrafttreten erst geschrieben werden, Überforderung? Nein, Dummheit und permanentes Geltungsbedürfnis als unrühmlicher Mix. Andreas stellte sich schon lange die Frage, warum er sich das alles gefallen lassen sollte. Freiheiten, die permanent eingeschränkt werden, fadenscheinige Begründungen, dämlichste Begründungen wie der Schutz vor einem selbst, aber maskenfreie Treffen der Regierungsparteien, dafür strengste Maßnahmen in der Schule für Kinder und Jugendliche. Eine Ober- und Mittelschicht, die Andreas sagen wollte, was er zu tun hatte. Am besten sollte Andreas gar nicht mehr ärztlich behandelt werden, Impfgegner, Raucher, Falschwähler, Schweinsbratenesser. Das Mindeste wären doch hohe Selbstbehalte, sie nannten so etwas Solidarität. Wie würden sie auch dazukommen, hier etwas mitzufinanzieren, sie, diese braven Schrebergartendenker, Besserwisser, Vorschriftenmacher. Andreas wollte nur Freiheit, Freiheit zuerst nur für ihn, später auch für alle anderen. Aushalten, dass es andere Meinungen gab, auch wenn sie nicht fundiert sind, als Erwachsener doch kein Kunststück, für sie schon. Andreas‘ Freundin war vor zwei Wochen ausgezogen, hatte er doch eine Frau in der Öffentlichkeit kritisiert, noch dazu eine Umweltpolitikerin. War für ihn auch besser, so sein schneller Befund. Am Schluss hätte er seinen gelben Porsche verkaufen müssen und in der zweiten Klasse mit dem Klimaticket Österreich bereist. Andreas glaubte, er wäre allein. In seinem Stammlokal merkte er, es gab noch andere, die seinen Weg gehen wollten. Einen Weg, der Dinge zulässt, zumindest weg vom Verbot. Nach kurzer Zeit entstand eine illustre Runde von fast 70 Sympathisanten. Andreas lernte dabei Ulrike kennen, eine Intellektuelle, wahnsinnig gut im Bett, verliebte sich. Andreas und Ulrike, eine Bewegung, diesmal nicht in der Vergangenheit, nicht in Deutschland, sondern heute mitten in Österreich. Noch könnten Politiker nach peinlichsten Chatverläufen zurücktreten, Fehler zugeben. Auch wir könnten sie noch aufhalten, könnten Verständnis zeigen für Andersdenkende, könnten argumentieren, miteinander reden. Am Horizont sind sie schon zu sehen, drei Buchstaben, sie formieren sich, bald wird sie wieder jeder kennen, Österreich im Herbst.
Harald, 17. September 2021