„Bienenfleißig sollst du stets sein“, riet mir mein Onkel Ferdinand bei jeder sich bietenden Gelegenheit, „und bienenflink.“
Lange Zeit schwieg ich zu seinem Rat, aber eines Tages drängte es mich doch, ihn endlich zu korrigieren.
„Es heißt wieselflink, Onkel Ferdinand!“, rief ich. „Nicht bienenflink.“
„Bienen, Wiesel, ist doch alles das gleiche Viehzeug!“, erwiderte mein Onkel sichtlich irritiert von meiner unerwarteten Gegenrede. „Fleißig musst du jedenfalls sein und flink. Dabei ist es völlig egal, welches Tier du dir zum Vorbild nimmst. Hauptsache, es ist fleißig und flink.“
„Rattenfleißig will ich also sein!“, rief ich. „Und affenflink!“
„Ausgerechnet diese beiden Tiere passen leider nicht, mein Junge“, seufzte Onkel Ferdinand. „Sie sind immer noch anderweitig besetzt.“
„Von wem denn?“, fragte ich neugierig.
„Von deiner Tante Aloisia. Sie war früher rattenscharf und affengeil. Das ist aber schon lange her. Sehr lange.“
„Und wie ist Tante Aloisia heute?“
„Heute ist sie lammfromm.“
„Und du? Wie bist du?“
Mein Onkel dachte lange nach.
„Ich bin müde“, sagte er schließlich. „Hundemüde.“
Michael, 20. Mai 2022